Ecuador begräbt Friedensdoktrin
Von Volker Hermsdorf
Ecuadors Staatschef Daniel Noboa entstammt einer Familie, die durch den Verkauf von Bananen zur reichsten des Landes geworden ist. Nun will der im Mai unter Vorwürfen des Wahlbetrugs erneut ins Amt gelangte Multimillionär offenbar auch die nationale Souveränität verscherbeln. So sehen es zumindest linke Oppositionspolitiker und soziale Bewegungen. Anlass ist eine Entscheidung des Parlaments, das am Dienstag den Entwurf einer Verfassungsreform angenommen hat, der die Einrichtung ausländischer Militärbasen erlaubt. Das von Noboa vorangetriebene Projekt muss allerdings noch innerhalb von 45 Tagen durch ein Referendum bestätigt werden.
Mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen ist nötig, um Artikel 5 der Verfassung von 2008 zu ändern, der Ecuador zu einem Gebiet des Friedens erklärt und die Errichtung ausländischer Militärbasen sowie die Überlassung nationaler Einrichtungen an fremde Streitkräfte ausdrücklich untersagt. Parlamentspräsident Niels Olsen, ein enger Vertrauter Noboas, bezeichnete den Vorstoß als notwendige Voraussetzung zur »Wiederherstellung der nationalen Sicherheit durch strategische Kooperation, Informationsaustausch und Technologietransfer«. Der Staat könne damit »einen wichtigen Schritt im Kampf gegen die transnationale organisierte Kriminalität, den Drogenhandel, illegalen Bergbau und den Menschen- und Waffenhandel machen«, pflichtete die Abgeordnete Nataly Morillo von Noboas Rechtspartei Acción Democrática Nacional (ADN) bei.
Dagegen warnte der Abgeordnete der linken Bewegung Revolución Ciudadana (RC) Roque Ordoñez, dass die Änderung des Artikels die bisherige ecuadorianische Friedensdoktrin aushöhle. Er verwies darauf, dass die Einbeziehung ausländischen Militärs bei der Bekämpfung der genannten Probleme noch in keinem Land erfolgreich gewesen sei. Noch gravierender sei jedoch, dass das Land dadurch in geopolitische Konflikte hineingezogen werden könne, die es nichts angingen. Die RC-Abgeordnete Nuria Butiñá äußerte die Befürchtung, dass »die territoriale und militärische Souveränität des Staates irreversibel gefährdet werde«. Auch die indigene Bewegung der Plurinationalen Einheit, Pachakutik, bekräftigte ihre Ablehnung ausländischer Militärbasen. Sie würden das Land »fremden Interessen ausliefern«.
Agenturen zufolge hatten Regierungsbeamte gegenüber Vertrauten des US-Präsidenten im März ihr Interesse am Bau einer US-Militärbasis auf dem Festland signalisiert. Kurz darauf besuchte Noboa seinen Amtskollegen in Florida. Im Februar vergangenen Jahres hatte der Bananenmilliardär mit der US-Regierung unter Joseph Biden bereits eine Reihe militärischer Kooperationsverträge unterzeichnet. Die Abkommen erlauben es den USA, Schiffe, Soldaten, Waffen, Ausrüstung und U-Boote auf den Galapagos-Inseln zu stationieren, deren Pflanzen- und Tierwelt zum UNESCO-Weltnaturerbe gehören. Die Opposition kritisierte die damalige Entscheidung als Teil eines Prozesses, der auf die verfassungswidrige Wiedereinrichtung von US-Militärbasen abziele. Die könnte nun legal werden.
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