Affenschande auf Sumatra
Von Thomas Berger
Fast eine Million von insgesamt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten sind in den kommenden Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Das hat der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen (IPBES) in seinem jüngsten Zustandsbericht ermittelt. Als besonders gefährdet gilt auch eine spezielle Untergruppe der Orang-Utans auf der größten indonesischen Insel Sumatra. Nur noch 800 Tapanuli-Orang-Utans soll es aktuell geben. Erst 2017 war die Spezies als eigenständige Art der südostasiatischen Menschenaffen wissenschaftlich anerkannt worden. Eine unmittelbare Bedrohung ihres eng begrenzten Lebensraums im mittleren Norden der Insel ist die Martabe-Goldmine, deren Gebiet nun erweitert werden soll. Gegen die Expansion machen Umweltschutzgruppen, hierzulande etwa »Rettet den Regenwald«, mit verschärfter Dringlichkeit mobil.
»Orang« bedeutet auf Malaiisch »Mensch«; »Orang Asli« ist insbesondere im benachbarten Malaysia die Sammelbezeichnung für verschiedene indigene Gruppen. Die Orang-Utans, engste Verwandte des Menschen im regionalen Primatenreich und vor Jahrmillionen noch von Südchina aus in ganz Südostasien verbreitet, stehen heute insgesamt auf der Roten Liste. Während es um die »Cousins« auf Borneo noch etwas besser bestellt ist, gibt es schon deutlich weniger Sumatra-Orang-Utans im nördlichen Abschnitt dieser Insel. Für die sehr überschaubare Gruppe der Tapanuli-Orang-Utans wiederum kann jeder zusätzliche Druck auf ihr Habitat existenzbedrohend werden. Die Erweiterung der Mine ins Regenwaldschutzgebiet Batang Toru hinein, die tatsächlich bereits begonnen wurde, gehört dazu.
Minenbetreiber ist PT Agincourt Resources (PTAR), eine Tochtergesellschaft des britischen Mischkonzerns Jardine Matheson. Dieser, schon 1832 gegründet und meist kurz Jardines genannt, ist in der übergreifenden Holding auf den Bermudas registriert und hat seinen Verwaltungssitz in Hongkong. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten von Immobiliengeschäften bis Bergbau liegt in Südostasien. Entgegen den eigenen Beteuerungen zu »nachhaltigem« Agieren und Respekt für Umweltschutzbelange sei die bisherige Dimension der Martabe-Mine und erst recht ihre Erweiterung das genaue Gegenteil, so die Kritiker.
Das Umweltportal Mongabay hatte in einem Bericht vor gut einem Jahr erwähnt, dass zwischen 2016 und 2020 rund 100 Hektar Waldfläche für die Goldmine gerodet worden seien. Bereits damals gab es eine Kampagne – federführend war die US-Naturschutzgruppe »Mighty Earth«. Daraufhin hatte sich der Konzern 2019 dazu bekannt, nicht weiter ins Affenhabitat vorzudringen. Trotzdem seien 2021/2022 weitere 28 Hektar abgeholzt worden, wie »Mighty Earth« ermittelte. Jardines selbst räumt auf seiner Webseite ein, dass es ein Problem mit einem Überlappen seiner Expansionspläne mit einer Ecke des 170.000 Hektar großen Schutzgebietes gebe. Umweltschützer haben aber schon vor zwei Jahren gefragt, warum die Minenerweiterung ausgerechnet nördlich in Richtung des Tapanuli-Habitats erfolgen muss. Im März 2024 kappte der norwegische Pensionsfonds, einer der größten staatlichen Investoren im globalen Maßstab, deshalb seine Geschäftsbeziehungen mit Jardines und verkaufte seine Anteile an drei Firmen des Konzerns. Zuletzt standen die Bulldozer zwar still. Die Gefahr, dass sie bald wieder rollen, ist laut Umweltschutzgruppen aber hoch. Eine aktuelle Petition, um die Expansion der Mine noch zu stoppen, haben bisher rund eine halbe Million Menschen unterschrieben.
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