Goldfinger überall
Von Arnold Schölzel
Jubel in deutschen Zeitungen: Mit Gold und Rüstung geht es steil aufwärts. In der Welt titelt Wirtschaftsredakteur Michael Höfling am Freitag: »Gold tritt in eine neue Ära ein. Wertespeicher in unsicheren Zeiten: Der Kurs ist seit Jahresbeginn um 26 Prozent gestiegen.« Ein Grund: »Vor allem nicht westliche Staaten«, vornean asiatische Schwellenländer, hätten ihre Dollarreserven abgebaut und über ihre Zentralbanken durch Gold ersetzt. Das hänge auch damit zusammen, dass sie sich so »den Folgen von Sanktionen entziehen können«. Ein Augenöffner sei »die Konfiszierung der russischen Währungsreserven« gewesen. Die Folge: Aktuell betrage laut einer Studie aus Liechtenstein »die Marktkapitalisierung des globalen Goldbestandes etwa 40 Prozent der US-Aktienmarktkapitalisierung« und liege damit leicht über dem langfristigen Median von 37,9 Prozent. Höfling weiter: »In Kriegsjahren und während der Inflationsära der 1970er Jahre lag dieser Wert phasenweise bei bis zu 160 Prozent.« Die Kombination ist wieder da, wie Die Welt auf derselben Seite berichtet: »Kakao und Tee verteuern sich um 32 Prozent.« Die deutschen Großhandelspreise hätten im April weiter angezogen.
Höfling lässt offen, welchen Anteil Goldfinger Donald Trump am Edelmetallboom hat. Er bringt jedenfalls, so die Neue Zürcher Zeitung am selben Tag, das Weiße Haus zum Glänzen: »Als habe der Präsident mit Midas-Händen nicht nur seine Frisur geordnet, sondern sei auch quer durchs Oval Office gezogen, um lauter edle Dinge mit goldenem Schimmer zu versehen.« Betroffen seien Vasen, Körbe, Blumen, Ornamente am Kamin, an den Wänden und Beistelltischen, Stehlampenfüße, Gemälderahmen, Briefbeschwerer, Vorhänge und Sitzbezüge. Das »Golden Age«, das Trump versprach, nimmt er wörtlich.
Übertroffen werden die Preiserwartungen, vulgo Spekulationen, für Gold aber durch die für Aktien der Waffenhersteller. In einem FAZ-Gastbeitrag verkündet zum Beispiel am Freitag Wieland Staud, der sich als »technischer Analyst« für Börsenkurse bezeichnet: »Rüstungsaktien: Ende der Fahnenstange nicht erreicht.« Er stützt sich auf einen europäischen Rüstungsaktienindex, der im Oktober 2022 bei etwa 90 Punkten, im Mai 2025 bei 375 lag: »Dort hat man die Zeichen der Zeit erkannt. Alles, was in irgendeiner Form Verteidigungsgüter oder deren Vorprodukte liefern kann, wurde durch die Decke gekauft.« Staud weissagt, das werde anhalten. Erstens, weil »Trends sich fortsetzen«, zweitens, weil sich die Investoren auf Dauer engagieren, drittens, weil der Index trotz zeitweiligen Verlusten von 20 Punkten sich wieder erholt habe. Zielmarke: 440 Punkte. Dennoch treibe ihn die »von vielen scheinbar immer noch nicht gewollte Herstellung der Verteidigungsfähigkeit an den Rand der Verzweiflung«: »Wollen wir wirklich in ein paar Jahren Frieden und Freiheit gleichzeitig opfern?«
Die Bedrückung des technischen »Analysten« wird nach der Fünf-Prozent-Verheißung des Außenministers etwas schwinden. Der Politikchef des Handelsblatts, Moritz Koch, hatte nie Zweifel. Der handelt am Freitag laut Überschrift von »Europa muss sich verteidigen können – und wird davon auch wirtschaftlich profitieren«: »Das viele Geld«, das in Rüstung fließe, sei nicht verloren. Wenn es klug investiert werde, könne »die deutsche Wirtschaft aus der Stagnation gehoben werden«. Und überhaupt komme »es jetzt auf Deutschland an«: »So wie die USA im Zweiten Weltkrieg zum ›Arsenal der Demokratie‹ wurden, ist es Aufgabe der Bundesrepublik, das ›Arsenal des vereinten Europas‹ zu werden.« Heißt wohl: Den bevorstehenden Sieg im dritten Weltkrieg können sich Höfling, Staud und Koch heute schon vergolden lassen.
Und überhaupt komme »es jetzt auf Deutschland an«: »So wie die USA im Zweiten Weltkrieg zum ›Arsenal der Demokratie‹ wurden, ist es Aufgabe der Bundesrepublik, das ›Arsenal des vereinten Europas‹ zu werden.«
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