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Aus: Ausgabe vom 17.05.2025, Seite 8 / Ansichten

Widerständler des Tages: Marcel Bauer

Von Felix Bartels
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Dritter Platz beim Marc-Uwe-Kling-Ähnlichkeitswettbewerb

Wo Opposition fehlt, werden Fußnoten zum Haupttext. Das Ende der Geschichte markiert den Anfang der Geschichten. Des Deutschen Bundestag weiß ein Lied davon zu singen, vorgetragen vom Biermann Wolf, versteht sich. Man träumt schon gar nicht mehr von historischen Reden, gestürmt wurde der Laden auch nie, und nicht mal eine echte Prügelei hat er erlebt. Die Unbotmäßigkeit in diesem Haus erschöpft sich darin, Redezeiten zu überziehen. Einer von der FDP hatte mal einen gezwitschert vor der Rede, und als die Grünen einzogen, nutzten sie das Plenum zum Häkeln.

Ein lüttes Kampffeld ist auch die Kleiderordnung. Relikt aus miefender Zeit, zum unstillbaren Schmerz des an unstillbarem Durst leidenden Brüderle stand dort nichts über Dirndls. Zu Kopfbedeckungen aber schon: Wie auch anderswo empfiehlt sich, den Hut abzunehmen. Nicht alles aber, was Brauch ist, ist brauchbar, und solang die Wickelkleider von Claudia Roth und das Antlitz Philipp Amthors geduldet sind, scheint kein rationaler Grund in Sicht, die Mütze zu bannen. Am Donnerstag hielt Marcel Bauer von der zahmen Oppositionspartei Die Linke für angezeigt, in Mütze zu erscheinen. Er wurde ermahnt und von Vorsteherin Lindholz des Saals verwiesen. Nur das und nichts weiter, mein Sohn, ist heut schon Revolution, sang Gundermann einst.

Mütze auf, Bauer ab. Dabei stand doch überm Eingang der SPD-Fraktionsräume neulich noch »Mützenich!« Bauer sah die Zeit gekommen. Wer hier politischen Inhalt sucht, kann auch gleich kegeln gehen. Es war ja keine Gebetskappe oder ein Budjonny-Hut, er trug eine Baskenmütze. Man denkt an einen Franzosen mit offenem Hemd, Baguette unterm Arm und fünf bis zehn Gitanes im Mundwinkel. Aber die Basken? Um den ETAtismus der Linken steht es seit Raul Zeliks Rückzug aus dem Vorstand auch nicht mehr so.

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