Eine Frage des Überlebens
Von Jens Walter
Das Ausmaß der schweren Krise im Deutschen Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) wurde in Pasardschik deutlich. In der Kleinstadt in Zentralbulgarien versammelte sich Anfang Mai die Elite der Modernen Fünfkämpfer zu einem Weltcup. Dass man deutsche Athletinnen und Athleten in den Startlisten vergeblich suchte, lag nicht an ihrem Leistungsvermögen. Der deutsche Verband ist derzeit schlichtweg handlungsunfähig.
Ein seit Jahren im DVMF schwelender Konflikt ist, um im Bild zu bleiben, zum Flächenbrand geworden. Der Verband ist in zwei Lager gespalten. Intern ist sogar von einem »Krieg« die Rede. Der Sport rückt in den Hintergrund. »Es geht bei uns aktuell nicht darum, ob man bei einem Weltcup starten darf oder nicht. Bei uns geht es gerade darum, ob wir als Verband überleben«, sagt Patrick Dogue dem sid.
Der zweimalige Olympiastarter ist Aktivensprecher und dem Lager von Barbara Oettinger zuzurechnen. Diese war am 26. April auf einem außerordentlichen Verbandstag zur neuen DVMF-Präsidentin gewählt worden. Zwei Tage später ließ sich Jan Veder auf einer ebenfalls als außerordentlicher Verbandstag deklarierten Versammlung zum Präsidenten küren. Zwei konkurrierende Präsidien beanspruchen also die Leitung des Verbandes. Es herrschen Unklarheiten über die rechtmäßige Vertretung und Entscheidungsbefugnis.
Das Bundesinnenministerium hat in der Folge die Auszahlung von Bundesfördermitteln vorläufig eingestellt. Die Finanzierung von wichtigen Trainingslagern ist ebenso betroffen wie die Kostenübernahme für internationale Wettbewerbe wie den Weltcup. Auch die Personalkosten für das Verbandspersonal werden derzeit wohl nur noch eingeschränkt ausgezahlt.
Nicht nur für den Verein Athleten Deutschland ist das eine »inakzeptable Situation«. »Die aktuellen Ereignisse im DVMF zeigen, welchen immensen Schaden schlechte Verbandsführung und interne Machtkämpfe anrichten können«, hieß es in einer Stellungnahme: »Athletinnen und Athleten finanzieren die Teilnahme am bevorstehenden Weltcup aus eigener Tasche, während ihre direkte finanzielle Förderung aufgrund der Handlungsunfähigkeit des Verbandes nicht ausgeschüttet werden kann.«
Ohne die staatliche Förderung droht dem ohnehin nicht reichen Verband der finanzielle Kollaps. Die Insolvenz steht im Raum – ein Horrorszenario. Laut Dogue sorgen sich die Athleten vor allem um die im Jahresverlauf auslaufenden Verträge der Sportförderplätze. »Das ist die größte Angst«, sagt Dogue, »wenn es im Verband nicht irgendwie möglich ist, dass man eine Einigung hinkriegt und die Leute verlängert, sind wir arbeitslos.«
Dogue (33) hat den Großteil seiner Karriere hinter sich. Die Folgen einer dauerhaft ausbleibenden Förderung wären für den Nachwuchs gravierender. »Im Endeffekt würde es bedeuten, dass wir eigentlich 90 Prozent unserer jüngeren Generation für 2028 und fortlaufend verlieren«, sagt er.
Der Riss, der auch die Landesverbände durchzieht und selbst Trainer und Athleten teilt, soll ursprünglich wegen der Personalie von Bundestrainer Andrii Iefremenko entstanden sein. Dieser soll laut Medienberichten das Vorhaben verfolgen, die Nationalmannschaft in Berlin zu zentralisieren. Letztlich muss der Konflikt wohl auf juristischer Ebene geklärt werden. »Es läuft auf ein Gerichtsurteil hinaus«, sagt Dogue: »Man kann hoffen, dass es im Eilantrag durchkommt. Dann sind wir hoffentlich im August wieder handlungsfähig. Dann bleibt noch Zeit, irgendwas zu regulieren.«
Einen jahrelangen Rechtsstreit samt ausbleibender Förderung würde der DVMF wohl nicht überstehen.
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