Gegründet 1947 Mittwoch, 14. Mai 2025, Nr. 111
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 14.05.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Agrarsparte von Bayer

Bayer schaltet Frankfurt ab

Rückläufige Profite im Agrarbereich, der Weltkonzern will ein Werk schließen. Industriegewerkschaft BCE protestiert
Von Jan Pehrke
9.jpg
Der traditionsreiche Bayer-Standort in Frankfurt am Main mit 500 Stellen steht vor dem Aus

Aus Leverkusen hieß es am Dienstag zu den Geschäftszahlen für das erste Quartal 2025: »Der Bayer-Konzern ist solide ins Jahr gestartet.« Der Umsatz blieb mit 13,7 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau, der Gewinn vor Sondereinflüssen ging um 7,4 Prozent auf rund vier Milliarden Euro zurück. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Es ergeben sich in den einzelnen Sparten deutliche Unterschiede. Während Umsatz und Profite im Pharmasegment und bei den nicht rezeptpflichtigen Gesundheitsprodukten wachsen, hat die Agrarsparte massive Einbrüche zu verzeichnen.

Darum kündigte der Global Player drastische Einschnitte an. Er will den Standort Frankfurt am Main mit 500 Beschäftigten schließen, am Standort Dormagen 200 von bisher 1.200 Arbeitsplätzen vernichten und bis Ende 2028 weitere Maßnahmen einleiten. »Das ist ein schwieriger Schritt, aber er ist notwendig, um die globale Wettbewerbsfähigkeit der Division sicherzustellen«, erklärte der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson zur »Optimierung des Produktionsnetzwerks«. Die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) kritisierte die Entscheidung deutlich: »Wie immer bei Bayer müssen die Beschäftigten für Managementfehler büßen«, hält die Initiative aus Düsseldorf fest.

Anderson führte zur Begründung der rückläufigen Einnahmen hingegen die zunehmende Konkurrenz aus China und anderen Ländern an. Zudem klagte er über »regulatorische Beschränkungen« wie die Aussetzung der Zulassung für Dicamba. Die US-Behörden zogen das Herbizid aus dem Verkehr, weil es nach dem Ausbringen nicht an Ort und Stelle bleibt, sondern zu Ackerfrüchten hintreibt, die gegen den Stoff gentechnisch nicht gewappnet sind und deshalb eingehen. Das alles zwinge Bayer Anderson zufolge dazu, sich auf innovative Produkte mit hoher Wertschöpfung zu konzentrieren »und andere Aktivitäten zu konsolidieren oder einzustellen«. Bei der Konkurrenz stellt sich die Lage jedoch deutlich anders dar. Sowohl Syngenta als auch Corteva erwirtschaften hohe Profite.

Die IG Bergbau, Chemie, Energie und die Betriebsräte reagierten erbost auf die nochmalige Forcierung des Rationalisierungsprogramms, das seit Anfang 2024 bereits 11.000 Jobs gekostet hat. »Diese Schließungspläne sind eine Zäsur in der 162jährigen Konzerngeschichte und stehen im Widerspruch zum erklärten Bayer-Bekenntnis zum Heimatstandort Deutschland«, konstatierte Francesco Grioli von der IG BCE. Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Heike Hausfeld sprach von einem »Zustand des permanenten Ausnahmezustands« beim Leverkusener Multi und zeigte sich nicht gewillt, die Abwicklung des Rhein-Main-Standorts klaglos hinzunehmen. »Wir werden den Standort Frankfurt nicht aufgeben und kämpfen für die Rechte der Kolleginnen und Kollegen«, so Hausfeld.

An seiner Prognose für das Gesamtjahr mit einem kalkulierten Gewinn vor Sondereinflüssen im Korridor von 9,3 bis 9,8 Milliarden Euro hält der Konzern derweil fest. Im Pharmaressort läuft es sogar besser als erwartet. »Aber wegen der Unwägbarkeiten durch mögliche Zölle ziehen wir es vor, bei unseren Aussagen vom März zu bleiben und die Entwicklungen weiter zu beobachten«, sagte Anderson. Gefährdungen sieht Finanzvorstand Wolfgang Nickl hier vor allem für die Warenströme zwischen den USA und China. Für zusätzliche Ergebniseintrübungen könnte überdies das von Donald Trump für den kommenden Montag angekündigte Dekret zur Senkung der Preise von Medikamenten sorgen: »Ich werde eine Meistbegünstigungspolitik einführen, wonach die Vereinigten Staaten den gleichen Preis zahlen wie das Land, das weltweit den niedrigsten Preis zahlt«, hatte der US-Präsident jüngst erklärt.

Der Aktienmarkt zeigte sich zufrieden mit Bayer. »Bayer-Aktie freundlich: Bayer plant Aus für Standort Frankfurt«, meldete finanzen.net. Wenn die Ertragssituation in den Geschäftsfeldern »Pharma« und »Agrar« weiterhin so auseinanderklaffen sollte, dürfte es nicht lange dauern, bis von dieser Seite aus Rufe nach einer Aufspaltung erschallen.

Jan Pehrke ist Vorstandsmitglied der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG)

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

  • Der Leverkusener Konzern sieht sich immer noch mit 57.000 Klagen...
    15.05.2024

    Alles hängt am Glyphosat

    Bayer-Quartalszahlen: Preise für Herbizid gefallen. Minus trotz Jobvernichtung. Gesetzesinitiative soll Klagen in USA ein Ende bereiten
  • Protestaktion in Hamburg 2019: Widerstand gegen Bayer- und Monsa...
    06.05.2024

    Erfolg für Bayer AG

    US-Gericht hebt Urteil zu Schadenersatzforderung wegen PCB-Schädigung auf

Mehr aus: Kapital & Arbeit