Dosensammler des Tages: Hohenzollern
Von Arnold Schölzel
Manche Familien nerven – durch Geräuscherzeugung und Altkleidersammlung (Kelly), durchs Melken des US-Fiskus zwecks Vergoldung aller Türklinken (Trump), durchs wöchentliche Köpfen von Gegnern nach dem Freitagsgebet (Saud) oder durch jahrzehntelanges Jammern und Betteln (deutsche Adelsclans). Soweit letztere nach 1945 unter Kommunisten im Osten leiden mussten, lohnte sich ihr »Haste mal ’ne Million?« nach dem 1994er Erstattungsgesetz besonders. Eine Auswahl: Den bis 1918 in Sachsen regierenden Wettinern warf die Dresdner Landesregierung bis 2014 in vier Vergleichen 21,1 Millionen Euro hinterher, die »Restitutionsansprüche« des Prinzen Michael-Benedikt von Sachsen-Weimar-Eisenach befriedigte der Freistaat Thüringen 2003/2004 mit 15,5 Millionen Euro. Am Montag abend verkündete nun der neue Staatsminister für Kultur Wolfram Weimer: »Der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg haben sich mit dem Haus Hohenzollern auf eine endgültige Einigung in der seit fast 100 Jahren dauernden Vermögensauseinandersetzung verständigt.« Laut Tagesspiegel geht es um rund 27.000 Objekte, um die von 2014 bis 2023 vor Gericht gestritten wurde – dann beendeten die Majestäten den juristischen Zoff. Die Gemälde, Möbel, Bücher und anderen Gegenstände sollen nun in den Besitz bereits existierender Stiftungen und einer neu zu gründenden übergehen. In der sicherten sich die Preußen ein Mitspracherecht sowie sieben historische Tabakdosen als »Privatbesitz«, die auf Auktionen Millionen Euro erzielen können.
Das Merkwürdige: Bis 1918 hielten sich die fürstlichen Leuteschinder für den Staat und alles, was sie ihren Untertanen für Klunker und Klamotten abgepresst hatten, für dessen Besitz. Seitdem wollen sie aber 1.000 Jahre rein privat Beute gemacht haben. Weimer sieht das auch so und redet von »gewaltigem Erfolg«. Recht hat er.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.