Iran offen für begrenzte Urananreicherung
Von Knut Mellenthin
Nach dem vierten »indirekten Treffen« mit Donald Trumps Spitzenmann für Krisendiplomatie, Steve Witkoff, sprach Irans Außenminister Abbas Araghtschi am Sonntag von »guten Fortschritten«. Der Austausch der Positionen sei »ernsthafter und offener« gewesen als bei den vorangegangenen Begegnungen. Die beiden Seiten seien sich »in den strittigen Fragen viel näher gekommen« und verstünden einander jetzt besser, erzählte Araghtschi dem staatlichen Fernsehen der Islamischen Republik. »Wir bewegten uns weg vom allgemeinen Drumherum und wandten uns spezifischeren Fragen zu«, was die Verhandlungen aber auch schwieriger gemacht habe. Bei der Anreicherung von Uran könne es jedenfalls keinen Kompromiss geben.
Diese Aussage relativierte Araghtschi jedoch gleich wieder: »Während Umfang und Grad der Anreicherung zum Zweck der Vertrauensbildung eingeschränkt werden könnten, ist das Prinzip der Anreicherung nicht verhandelbar«. Ähnlich äußerte sich auch schon Madschid Takht-Ravantschi, einer der stellvertretenden iranischen Außenminister, der an den »indirekten Gesprächen« als Spezialist für Detailfragen beteiligt ist. Damit zeichnet sich die Möglichkeit ab, dass Iran bereit wäre, sich zumindest für längere Zeit auf eine sehr niedrige Stufe der Anreicherung reduzieren zu lassen oder sich sogar mit der bloßen Anerkennung eines abstrakten, ungenutzt bleibenden »Rechts auf Anreicherung« zufriedenzugeben.
Im 2015 geschlossenen »Wiener Abkommen« (JCPOA) hatte Iran sich unter anderem dazu verpflichtet, Uran nicht stärker als bis zu einem Reinheitsgrad von 3,67 Prozent anzureichern und davon nicht mehr als 300 Kilogramm im Land zu behalten. Der darüber hinaus produzierte Stoff musste regelmäßig nach Russland transportiert werden. Aber nach dem Ausstieg der USA aus dem Abkommen am 8. Mai 2018 hat Iran die Anreicherung von Uran schrittweise auf 20 Prozent und 60 Prozent hochgefahren. Die im Iran gelagerte Menge an bearbeitetem Uran verschiedener Reinheitsgrade gab die in Wien ansässige Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) im März mit rund 8.300 Kilo an.
Kern der US-amerikanischen Verhandlungsposition ist die Forderung, dass in Iran überhaupt keine Urananreicherung mehr stattfinden darf. Witkoff als Trumps Chefunterhändler bei den »indirekten Verhandlungen« mit Iran hat die Herangehensweise seiner Regierung in einem ausführlichen Gespräch mit dem weit rechts agierenden Nachrichtennetzwerk Breitbart, das am 9. Mai veröffentlicht wurde, in voller Klarheit zusammengefasst: Die iranischen Anreicherungsanlagen müssen zerstört werden. Es dürfe in Iran künftig keine Zentrifugen mehr geben. Das vorhandene angereicherte Uran müsse verdünnt und »zu einem weit entfernten Ort« weggeschafft werden. Ein Anreicherungsprogramm dürfe es im Iran nie wieder geben.
Das Land sei gegenwärtig in einer »verletzbareren« Lage als vor zehn Jahren (beim Abschluss des JCPOA), und daher werde jede eventuelle Vereinbarung »viel stärker sein« als damals, führte Witkoff im Gespräch mit Breitbart aus. Es wäre »unklug« von den Iranern, »Präsident Trump auf die Probe zu stellen«. Sie hätten »keine andere Wahl«, als die Bedingungen der USA für einen »Deal« zu akzeptieren. Die aktuell laufenden Verhandlungen seien auf das Atomthema beschränkt, »weil dieses heute und schnell gelöst werden muss«. Die Trump-Regierung wolle es deshalb nicht mit anderen Fragen vermischen. Aber in späteren Phasen der Verhandlungen werde man die Islamische Republik auch mit der Forderung konfrontieren, ihre Unterstützung von »Gruppen wie Hamas, Hisbollah und den Huthis« durch Waffen und Geld einzustellen.
Wie der zur Schau gestellte »Optimismus« der iranischen Seite, man könne zu einer halbwegs erträglichen Einigung mit den USA kommen, begründet ist, kann wegen des Fehlens inhaltlicher Informationen über die Verhandlungen nicht beurteilt werden. Festzustehen scheint nur, dass es bald, vielleicht schon an diesem Wochenende, eine fünfte Runde geben soll.
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