»Wir sehen jetzt, dass die Fonds Angst bekommen«
Interview: Carmela Negrete, Madrid
Dutzende Ihrer Nachbarn befinden sich im sogenannten Mieterstreik. Was hat es damit auf sich?
In Barcelona gibt es Dutzende, die aufgehört haben, ihre Miete an die Bank La Caixa zu zahlen. Hier in Madrid sind mehrere Mieter von Nestar-Azora, einem der drei großen Vermieter Spaniens, dem Streik beigetreten. Sie haben aufgehört, die Gemeinschaftskosten, die Grundsteuer und die Zahlungsausfallversicherung zu bezahlen. Zudem gibt es viele weitere Bewohnerinnen und Bewohner aus verschiedenen Gebäuden, die sich organisiert haben. Ihnen wollen wir die Idee des Mieterstreiks nahebringen.
Wie geht das Mietersyndikat dabei vor?
Mit der Vernetzung und Aufklärung von Menschen in Wohnhäusern, die demselben Vermieter gehören. Wir bereiten Streiks gegen Unternehmen wie Blackstone und andere vor. Gerade denken wir darüber nach, wie wir als Kollektiv das gegenüber privaten Vermietern rechtlich möglich machen können. Zum Beispiel wäre denkbar, einen Streik wegen Mängeln in einer Wohnung, die nicht in einem bewohnbaren Zustand ist, auszurufen – oder eventuell sogar einen Generalmietenstreik auf nationaler Ebene gegen diese Mietpreise, die wir nicht mehr zahlen können – derzeit betragen sie rund 60 Prozent unseres Gehalts. An der dafür notwendigen Organisation der Leute arbeiten wir und sammeln Spenden für einen Solidaritätsfonds.
Für den Fall, dass sie eine Geldstrafe bekommen?
Sowohl für mögliche Geldstrafen bei staatlicher Repression als auch für mögliche Gerichtskosten, wenn jemand verklagt wird.
Ist es bereits zu Drohungen oder Kündigungen gekommen?
In diesen Fällen nicht. Im Fall von Nestar und anderen Fonds wie La Caixa oder Blackstone sehen wir, dass sie missbräuchliche Klauseln in ihre Verträge einbauen. Es sind also sie, die illegal handeln. Das Problem ist, dass sie ihre Macht nutzen, um isolierte, verängstigte Nachbarinnen auszunutzen, die nicht wissen, wie sie das anfechten können. Aber wenn wir diese Gebäude besuchen und sie organisieren, können sich die Betroffenen mit Unterstützung des Syndikats und ihrer Nachbarschaft selbst organisieren – und dann können sie sich gegen diese Missbräuche wehren.
Das heißt, Sie haben die Eigentümer verklagt?
Ja, wegen der missbräuchlichen Klauseln. In Barcelona haben wir einen solchen Prozess gewonnen, und in Madrid läuft gerade ein Verfahren. Unsere Klage hat es uns ermöglicht, diese Beträge nicht mehr zu zahlen, ohne dass wir weitere Missbräuche durch die Investmentfonds erleben müssen.
Wie hat sich der Einfluss dieser Fonds auf den Immobilienmarkt in Spanien entwickelt?
Das Eigentum konzentriert sich zunehmend in wenigen Händen. Einerseits durch diese Fonds, die durch politische Abmachungen hier gelandet sind. Im Jahr 2013, nach der Immobilienblase, wollte man den Markt über die Mieten neu beleben. Diese Fonds genießen Privilegien, zahlen keine Körperschaftssteuer und erhalten staatliche Unterstützung, etwa durch den Verkauf von Wohnungen durch die Comunidad de Madrid – bis zu 5.000 Wohnungen der Stadt Madrid. Auch öffentlicher Boden wird ihnen in vermeintlich öffentlich-privaten Initiativen zur Verfügung gestellt. Dadurch ist Spanien für Blackstone zum Beispiel der größte Markt weltweit geworden.
Auch gegen diese Schattenbank konnten Sie sich behaupten.
Ja, wir haben durch kollektive Organisation Erfolge erzielt, zum Beispiel bei neuen Vertragsabschlüssen. Sie akkumulieren immer mehr Eigentum, aber wir sehen jetzt, dass sie Angst bekommen. In manchen Fällen ziehen sie sich zurück, weil sie wissen, dass sie beim Kauf eines Gebäudes auf einen organisierten Block und das Mietersyndikat treffen könnten. Diese Menschen werden sich wehren, keine missbräuchlichen Klauseln beachten und nicht zahlen.
Fernando de los Santos Menéndez ist einer der Sprecher vom Madrider »Sindicato de Inquilinas e Inquilinos« (Mieterinnen- und Mietersyndikat) sowie Lehrbeauftragter an der juristischen Fakultät der Universität Autónoma
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