Showdown der schweren Jungs
Von Oliver Rast
Es ist ein Duell zweier Städte, ein Duell zweier Regionen, ein Duell in einem Bundesland, in Mecklenburg-Vorpommern, in MV. Genauer: Hansestadt versus Hansestadt, Rostock versus Greifswald, Mecklenburg versus Vorpommern. Noch genauer: ein Zweikampf im Schwergewicht des Profiboxens, eine Europameisterschaft nach Version der World Boxing Federation (WBF). Die Kontrahenten: Felix Langberg, der Rostocker; Dennis Lewandowski, der Greifswalder. Der Hauptkampf am Sonnabend in der Rostocker Stadthalle, veranstaltet von der Hamburger P2M-Boxpromotion.
Die Vorbereitungen laufen längst auf Hochtouren. Der Lokalmatador Langberg hat eine stattliche Fanbase in seiner Heimatstadt, wohnt nur ein paar Minuten fußläufig vom Austragungsort entfernt. Und nicht zuletzt erwartet der knapp zwei Meter große und 115 Kilogramm schwere Hüne im jW-Gespräch eine »bombastische Stimmung« in der Halle. Zu Recht, denn der Titelfight ist das Boxhighlight der vergangenen Jahre in MV.
Dabei kommt Titelaspirant Langberg vom K-1, war Kickboxer. Erfolgreich: Von 2010 bis 2018 war er mehrfacher deutscher Amateurmeister in der Kampfsportart und von 2018 bis 2020 ungeschlagener K-1-Profi, ein »Hype FC Champion«. Bloß, warum der Wechsel zum klassischen Faustkampf, gleich ins Profimilieu? Ein Umdenken kam während der Coronazeit, erzählt Langberg. Und eh, er galt im K-1 als besonders boxversiert, folgerichtig sagt er: »Am allerliebsten habe ich geboxt.« Deshalb fiel ihm der Sprung in die professionelle Boxwelt nicht schwer. Sein Debüt war im November 2020. Ein Aufbaukampf mit technischem Knockout in Runde eins. Steil bergauf ging es weiter.
Und Langbergs Kampfrekord kann sich sehen lassen: 15 Siege in 17 Clinchen im Seilgeviert, 14 davon vorzeitig beendet. Ein Puncher also. Einer mit enormer Physis, einer mit massig Power in der Rechten, aber auch einer mit Nehmerqualitäten, das zeichnet die »Kampfmaschine« aus. Nicht von ungefähr holte sich Langberg seinen ersten Titel Ende März 2023, den Europameistergürtel der World Boxing Association (WBA), dem ältesten der bedeutenden Weltverbände.
Nur, bei der ersten Titelverteidigung drei Monate später die erste Pleite, gegen den in Schweden lebenden Griechen Marios Kollias. Schon in der dritten Runde Kampfabbruch durch den Ringrichter. Eine von bisher zwei Niederlagen für den jetzt 33jährigen Modellathleten. Lehrreich – weil: Ein Manko ist seine Defensive, die Rückwärtsbewegung; und überhaupt die Beweglichkeit im Oberkörper, die Meidbewegungen. »Daran habe ich aber gezielt gearbeitet, gefeilt, mich verbessert«, betont Langberg. Ein boxerischer Fortschritt, den er im Ring zeigen will. Dort, wo es drauf ankommt.
Das sieht auch Christian Morales so. Der sportliche Leiter der P2M-Boxpromotion hält große Stücke auf seinen Schützling, den er anfangs auch trainiert hat. »Viel Potential und Perspektive« habe Langberg. Klar, ihm fehle als Kickboxer die typische Grundschule eines herkömmlichen Boxsportlers – also die Laufbahn jener, die etwa mit dem olympischen Boxen begonnen, alle Stationen von den Amateuren bis zu den Profis durchlaufen haben. Ein Handicap bisweilen.
Dennoch, Morales und P2M-Promoter Axel Plaß haben sich bewusst für den Quereinsteiger Langberg entschieden; auch, weil er das Zeug hat, ein Sympathieträger im deutschen Boxen zu werden. Einfach weil er »ein guter Typ ist«, so Morales. Denn der studierte Maschinenbauer ist auch abseits des Rings engagiert – im Umweltschutz, mit seinem gemeinnützigen Unternehmen »Plant for Future«. Motto: »Bestehende Wälder erhalten, neue Wälder erschaffen.« Ein Projekt für die Wiederbewaldung, die Renaturierung gerodeter Gebiete, beispielsweise im brasilianischen Amazonas. Ein Kampfauftrag anderer Art.
Apropos Auftrag: Einfach wird es nicht für Langberg, seinen 31jährigen Kontrahenten, den »Ostseehammer« Lewandowski, zu schlagen, ihn auf die Bretter zu schicken. Mitnichten. Morales: »Dennis ist von klein auf Boxer, hat mehr Kämpfe und mehr Erfahrung als Felix.« Ein enger Fight sei zu erwarten, ein »Fifty-fifty-Duell«.
Langberg fühlt sich gewappnet, ist voller Vorfreude. Schließlich sei er im besten Schwergewichtsalter; mehr noch, er wähnt sich in bester Form – weil: »Ich bin boxerisch so gut wie nie zuvor.« Sein einziger Traum im Moment: der WBF-EM-Titel. Weiter will er nicht schauen, nicht jetzt. »Ich fokussiere mich voll und ganz auf den Sonnabend, auf den Tag des Kampfes, zu 100 Prozent, auf sonst nichts.« Das klingt entschlossen, ist es wohl auch. Zumal Langberg wieder unter die Top ten der schweren Jungs in Deutschland kommen will. Danach dürften größere Aufgaben auf ihn warten.
Zunächst aber will Langberg den »schlagenden Beweis« antreten, die Farben seiner Hansestadt, seiner mecklenburgischen Region würdig zu vertreten. Mit einem Sieg im heißersehnten Duell. Na dann: Showdown!
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