Alba plant solidarisches Reisen
Von Volker Hermsdorf
Einschränkungen bei Flugreisen, das Verbot von Kreuzfahrten aus den USA und die erneute Aufnahme Kubas auf die US-Liste »terrorunterstützender Staaten«: Die US-Sanktionen treffen den kubanischen Tourismus. Da der Zugang zu digitalen Finanzstrukturen blockiert wird, schränken Buchungsportale ihre Dienste ein. Einige westeuropäische Fluglinien strichen ihre Direktflüge auf die Karibikinsel. Das hat Folgen: Im ersten Quartal des Jahres kamen mit 571.772 internationalen Gästen knapp 30 Prozent weniger Touristen ins Land als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Doch Havanna reagiert darauf nicht mit Rückzug, sondern mit Umorientierung.
Zum Ende der Hochsaison 2024/2025 hatte sich die Branche, die als Motor der Volkswirtschaft und wichtiger Devisenbringer gilt, allerdings auch noch nicht von den pandemiebedingten Einbrüchen erholt. Nach dem Höchststand von 4,7 Millionen Besuchern im Jahr 2017 sank die Zahl 2023 auf 2,4 und im vergangenen Jahr auf 2,2 Millionen. Das Ziel von 2,6 Millionen internationalen Gästen scheint in diesem Jahr kaum erreichbar. Premierminister Manuel Marrero sprach von einem »sehr komplexen Szenario«. Obwohl Tourismusminister Juan Carlos García Granda steigende Treibstoffpreise, Flugausfälle und anhaltende US-Sanktionen als Hauptgründe für die Schwäche des Sektors nannte, räumen kubanische Experten auch hausgemachte Probleme ein. Unattraktive Preis-Leistungs-Verhältnisse, infrastrukturelle Mängel und blockadebedingte Einschränkungen belasten die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Karibikdestinationen wie Cancún oder Punta Cana.
Trotzdem bleibt der Tourismus ein zentraler Pfeiler der kubanischen Wirtschaftsstrategie. Im Jahr 2024 flossen laut offiziellen Daten über 37 Prozent der staatlichen Investitionen in den Bereich. Ab November wird die staatliche Fluggesellschaft Cubana unter anderem wieder zweimal pro Woche Direktflüge ab Deutschland anbieten. Um den strategisch wichtigen Wirtschaftszweig wieder zu stabilisieren und neu auszurichten, setzt Kuba zudem auf regionale Kooperationen. Im Rahmen der Internationalen Tourismusmesse »Fit Cuba 2025« fand am Wochenende in Havanna ein Treffen der Minister und Tourismusbehörden der »Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerikas – Handelsvertrag der Völker« (Alba-TCP) statt. Angesichts globaler Krisen, des Klimawandels und wachsender wirtschaftlicher Instabilitäten seien »Solidarität, Kooperation und die Entwicklung gemeinsamer Strategien unerlässlich«, so Tourismusminister García Granda.
Auf der Konferenz ging es vorrangig um das Konzept eines »gemeinsamen Tourismus«. So soll die Entwicklung sogenannter Multidestinationsreisen, bei denen Reisende mit einem vereinfachten Visum mehrere Länder der Alba-TCP besuchen können, neue Märkte erschließen und die Attraktivität der gesamten Region steigern. Erste konkrete Schritte wurden bereits unternommen – Kuba und Venezuela haben ein gemeinsames Tourismuspaket für den chinesischen Markt entwickelt. Ab Herbst dieses Jahres wollen beide Länder darüber hinaus Stipendienprogramme für Tourismusmanagement anbieten. Geplant ist außerdem ein einheitlicher Auftritt der Allianz mit dem Ziel, nicht nur als einzelne Nationen, sondern als zusammenhängender Kultur- und Erlebnisraum wahrgenommen zu werden.
Auch der Vorschlag für eine eigene Tourismusmesse der Alba-TCP, genannt »Fit Alba«, wurde angenommen. Ab 2026 soll sie den Bündnisstaaten als Plattform dienen – abseits der üblichen, westlich dominierten Messen. Veranstalter aus Mexiko und anderen Nichtmitgliedsstaaten signalisierten bereits Interesse an Kooperationen, unter anderem über Charterflüge und die Vermarktung gemeinsamer Produkte wie Kreuzfahrten und Flitterwochenpakete. Der Alba-Tourismus, so betonten Konferenzteilnehmer, sei kein Ersatz für entgangene Einnahmen – sondern ein politisches Projekt. Inmitten westlicher Dominanzmärkte soll eine solidarische Tourismuspolitik entstehen, die wirtschaftliche Interessen mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltverantwortung verbindet.
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