Nur zwei Sekunden
Von Peer Schmitt
Nach der regulären Saison waren sie der klare Tabellenführer der Western Conference und damit für die Playoffs an eins gesetzt. Doch fast wäre den Winnipeg Jets der berüchtigte Fluch der Presidents’ Trophy für das beste Team der regulären Saison (eine der wenigen Sporttrophäen, deren physische Berührung für die Gewinner quasi tabu ist) zum Verhängnis geworden. Am Montag morgen (MESZ) haben sich die Winnipeg Jets nun aber doch noch als letztes Team der Liga für die zweite Runde qualifiziert. Es ging sehr dramatisch zu. Die Jets mussten sich im siebten Spiel der Serie gegen die St. Louis Blues vor 15.000 Zuschauern im heimischen Canada Life Centre dafür nicht nur bis in die zweite Verlängerung zittern, sondern brauchten zuvor sogar ein »last minute miracle«.
Drei Sekunden vor der Schlusssirene führten die Blues mit 3:2. Winnipeg hatte sich im Angriffsdrittel festgesetzt. Außenstürmer Kyle Conner brachte vom Bullykreis der rechten Seite einen Verzweiflungsschuss vors Tor, der vom Schlittschuh des Blues-Verteidigers Justin Faulk direkt vor den Schläger von Winnipegs Nachwuchsstürmerstar Cole Perfetti prallte. Perfetti fälschte den Puck ab, der 2,2 Sekunden vor Spielende unter der Latte zum 3:3 einschlug. Winnipegs Saison war vorerst gerettet. Zwei Minuten vor Schluss hatte es noch 3:1 für St. Louis gestanden. Doch dann sorgte der russische Stürmerstar im Dienste der Jets, Wladislaw Namestnikow, abgefälscht von Blues-Verteidiger Ryan Suter für den Anschlusstreffer, der Winnipegs Hoffnung am Leben hielt.
Es dauerte dann bis zur 17. Spielminute der zweiten Verlängerung, bis Adam Lowry für den Endstand von 4:3 sorgte. Bis zur Endphase des dritten Drittels hatte St. Louis das Spiel überraschend souverän kontrolliert. Denn es war eine Serie der Heimspiele. Keiner der beiden Mannschaften war in den sieben Spielen ein Auswärtssieg gelungen. In dem mit fast schon brutaler Härte geführten Spiel sechs der Serie in St. Louis dominierten die Blues mit 5:2. Die Jets wechselten sogar ihren Stammtorhüter Connor Hellebuyck aus, der zwar die Saison über hervorragende Statistiken hat, aber immer wieder durch unnötige Risikofreudigkeit und erratische Aktionen auffällt. In Spiel sieben mussten die Jets zudem auf ihren leicht verletzten Kapitän und besten Stürmer Mark Scheifele verzichten. Im Verlauf der Begegnung fiel auch ihr Starverteidiger Josh Morrissey aus.
Mit sehr viel Dusel überlebte Winnipeg den unangenehmen Erstrundengegner aus St. Louis, der sich als letzte Mannschaft überhaupt für die Playoffs qualifiziert hatte. Doch gerade das machte sie zu einem so gefährlichen Gegner. Die Blues waren eine der besten Mannschaften der letzten Wochen der regulären Saison und zeigten dies auch in der Serie gegen die Jets. Auf eigenem Eis blieben sie, wie gesagt, unbesiegt. In Winnipeg fehlten ihnen nur zwei Sekunden.
»Ich habe schon viele Spiele miterlebt, aber das war mit Abstand das aufregendste. Absolut großartig«, bilanzierte Jets-Trainer Scott Arniel nach dem Erfolg. »Das war ein richtiger Thriller. Wir hatten einen nervösen Start, wurden aber im Laufe der Partie immer sicherer. An den Ausgleich kurz vor Schluss wird man sich sicher noch lange erinnern.«
Im Viertelfinale trifft Winnipeg nun auf die Dallas Stars, die eine ebenso knappe Serie gegen die Colorado Avalanche 4:3 gewannen. Das andere Viertelfinale der Western Conference bestreiten die favorisierten Vegas Golden Knights gegen die Edmonton Oilers. In der Eastern Conference treffen die Toronto Maple Leafs auf die Titelverteidiger von den Florida Panthers und die Washington Capitals auf die Carolina Hurricanes.
Auf europäischen Eisflächen beginnt derweil am 9. Mai die in Schweden und Dänemark ausgetragene Eishockey-WM. Nach Beendigung der ersten Runde der Playoffs hoffen einige Teams noch auf Verstärkung. Team Kanada wird von Sidney Crosby angeführt werden, dessen Pittsburgh Penguins sich in dieser Saison nicht für die Playoffs qualifiziert hatten. Der 37jährige nimmt seit zehn Jahren zum ersten Mal wieder an einer Weltmeisterschaft teil. Kurz nach dem Ausscheiden seiner Colorado Avalanche sagte mit Nathan MacKinnon noch ein weiterer Superstar seine Teilnahme zu. MacKinnon war drittbester Scorer der abgelaufenen NHL-Saison. Team Kanada wird nicht leicht zu besiegen sein.
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