Gegründet 1947 Dienstag, 6. Mai 2025, Nr. 104
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben

Fahrstuhlradio

Von Pierre Deason-Tomory
14_radio.jpg
Weshalb quakt der Frosch? Weil er es kann

Der schlangenlinienfahrende Lenker eines Odeltankfahrzeugs auf der B 8 von Postbauer-Heng Richtung Nürnberg ist nunmehr das einzig Menschliche, das einem Autoradiohörer nachts auf Bayern 3 entgegenkommen kann, gemeldet allerdings von einem synthetischen Verkehrsredakteur. Hintergrund ist die Entscheidung des Bayerischen Rundfunks, seine Popwelle teilweise zum Fahrstuhlradio zu verstümmeln. Die Sendung »Bayern 3 – Die Nacht« wird jetzt automatisiert gesendet, ohne Moderator, die Nachrichten werden von der »ARD Popnacht« übernommen und den Verkehrsfunk liest der Computer vor.

Dem Gebührenzahler eine solche Fertigdudelsuppe vorzusetzen ist eine Frechheit, ein Desaster ist es, dass ein Aufschrei der Empörung ausblieb. Im Netz finden sich über den Verkehrsrobotereinsatz und die Automatisierung einer ganzen Sendestrecke nur kurze Meldungen und keine Proteste von Gewerkschaft oder BR-Personalrat. Ist das das Ende der Geschichte? Der hessische Privatsender FFH hatte auch schon synthetische Verkehrsredakteure und ersetzte sie nach einigen Monaten wieder durch Menschen. Hörerreaktionen haben bewirkt, was »Arbeitnehmer«-Vertreter nicht vermochten.

Folgende Features bringen die Deutschlandradios am Dienstag abend: der DLF »Die Verleugneten – Im KZ mit dem grünen und schwarzen Winkel« (DLF 2023, 19.15 Uhr), DLF Kultur ein Stück über ethnisch segregierte Teile des Arbeitsmarktes, »Nagelstudios, Lieferdienste, Allroundhandwerker« (19.30 Uhr). Erinnerungen von Kindern an das Ende des Zweiten Weltkriegs hat Barbara Plensat im Hörspiel »Meine schöne Stunde Null« versammelt, zu hören sind Texte von Helga M. Novak, Christa Wolf, Inge Müller, Uwe Johnson, Ricarda Bethke und Annett Gröschner (DLR Berlin 2001, Mi., 22.05 Uhr, DLF Kultur). Auch »Ihr Weg – Traversées« geht vom Tag der Befreiung aus, der sich gerade jährt; es rekonstruiert die Lebensläufe dreier französischer Zwangsarbeiterinnen, die sich im Mai 1945 in Berlin begegneten (Fr., 15.05 Uhr, SWR Kultur).

Am Freitag abend kommt dem alpenländischen Autoradiohörer auf den Radiowellen wieder etwas entgegen. Kein Odeltankfahrzeug, aber Urban Priol. Der präsentiert den »Salzburger Stier 2025 – Eröffnungsabend« mit Frank Goosen und Jochen Malmsheimer (20 Uhr, Bayern 2, Ö 1), am Sonnabend empfängt die meiste Frisur Deutschlands Till Reiners, Alex Kristan und Lisa Christ zum »Preisträgerabend« (20 Uhr, Bayern 2, Ö 1, SR 2 Kultur), jeweils im Theater der Salzburger Humorvorstadt Gütersloh. »Rotkäppchen und der Wolf« ist »Eine Lange Nacht« mit Geschichten von Tieren und Menschen, die Markus Metz und Georg Seeßlen abgeliefert haben (Sa., 0.05 Uhr, DLF Kultur, 23.05 Uhr, DLF). »Der Freischütz« ist eine Oper, die Carl Maria von Weber abgeliefert hat, vor einiger Zeit, am Montag wurde sie in der Philharmonie Berlin aufgeführt (Sa., 19.05 Uhr, DLF Kultur).

»Kakadu für Frühaufsteher« fragt »Warum quaken Frösche eigentlich?« Weil sie nicht anders können, so wie mache Opernsänger (So., 7.30 Uhr, DLF Kultur). In der Hörspielsatire »Aufzeichnungen eines ordentlichen Menschen« gruselt sich der damit Gemeinte vor einem schlauen Computer, der sich bei ihm eingenistet hat (HR, SDR, SR, SWF 1967, So., 14.04 Uhr, HR 2 Kultur). Nicht komisch: das »Niederdeutsche Hörspiel« am Sonntag, »De Lokföhrer« (NDR, Radio Bremen 2025, Ursendung, 18.05 Uhr, Bremen 2). Schon komisch: die Nachwendeburleske »Der Zimmerspringbrunnen« von Jens Sparschuh, in neun Teilen gelesen von Rufus Beck (Der Hörverlag 1997, Mo., 9.04 und 19.04 Uhr, MDR Kultur).

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

Mehr aus: Feuilleton