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Aus: Ausgabe vom 06.05.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Partnerschaft von Kenia und China

Am Knotenpunkt Ostafrikas

Investitionen, Infrastruktur und Schulden: Kenia und China beschließen strategische Partnerschaft
Von Sven Kurz
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Die Kenya Standard Gauge Railway wurde und wird von der China Road and Bridge Corporation gebaut (Athi River, 16.5.2023)

Kenias Präsident William Ruto hat seinen dritten Staatsbesuch in China abgeschlossen. Die Reise diente der Vertiefung der bilateralen Beziehungen, die nun auf die höchste Stufe der chinesischen Diplomatie gehoben wurden: eine »Comprehensive Strategic Partnership in the New Era«.

Ein zentrales Thema war die Wiederbelebung der Standard Gauge Railway (SGR), Kenias größtem Bahnprojekt seit der Kolonialzeit. Die chinesisch finanzierte Neubaustrecke zwischen Mombasa und Nairobi war 2017 eröffnet worden. Seitdem stockt die geplante Weiterführung bis zur Grenze Ugandas. Die Strecke vom kenianischen Naivasha bis zur Grenzstadt Malaba ist für die regionale Integration und den ostafrikanischen Handel von großer Bedeutung. Erneut hat China darum Unterstützung zugesichert. Denn perspektivisch soll die Bahnlinie bis in die ugandische Hauptstadt Kampala verlängert werden.

Begleitet wird das Vorhaben von weiteren Infrastrukturprojekten wie der vierspurigen Autobahn von Nairobi über Nakuru nach Mau Summit, diversen Straßen in oder nahe kenianischen Metropolen sowie der Nithi-Brücke. Viele dieser Projekte würden durch öffentlich-private Partnerschaften realisiert, betonte Ruto. So soll die Infrastruktur bei Mau Summit über ein Mautmodell finanziert werden, ohne neue Staatsschulden. Um nachhaltig Infrastruktur aufzubauen, müssten solche alternativen Finanzierungswege gefunden und ausprobiert werden, so Ruto nach seiner Rückkehr Ende April.

China ist seit Jahren Kenias wichtigster Partner im Infrastrukturbau: Der Thika Superhighway im Norden Nairobis und die erste moderne Bahnlinie seit der Kolonialzeit (Mombasa–Nairobi) wurden mit chinesischem Kapital realisiert. Im Rahmen der »Belt and Road Initiative« ist Kenia zu einem Knotenpunkt in Ostafrika geworden.

Während des Besuchs wurden mehr als 20 neue Kooperationsabkommen unterzeichnet – unter anderem in Bildung, Handel, Medien und Landwirtschaft. Bei einem Wirtschaftsforum kamen Investitionszusagen über rund eine Milliarde US-Dollar zustande. Bei Kajiado und Baringo sollen neue Agrarprojekte, in Kilifi soll eine Sonderwirtschaftszone geschaffen werden. Laut Regierung entstünden dadurch über 28.000 Jobs. Zudem will China vermehrt Avocados, Anchovis und Fisch aus Kenia importieren, weshalb diverse Standards angeglichen wurden. Ferner versprach China mehr Stipendien und Ausbildungsplätze für kenianische Studierende.

Kenias Wirtschaft ist voller Widersprüche. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet den Aufstieg des Landes zur größten Volkswirtschaft Ostafrikas. Der kenianische Schilling zählte 2024 laut Bloomberg zu den stärksten Währungen weltweit. Zugleich steigen Verschuldung und Zinslast. 63 Prozent der bilateralen Schulden entfielen auf China, berechnete die Organisation Africa Check. Zwischen Juli und Dezember 2024 seien demnach 28 Prozent der Auslandsschuldenzahlungen nach China gegangen. Bei bilateralen Zinszahlungen waren es 81,9 Prozent. Hinzu kommt ein Ungleichgewicht im Handel: Auf einen Container aus Kenia kommen etwa 15 aus China. Immerhin haben sich die Teeexporte nach China seit 2022 vervierfacht, ebenso wie die Zahl chinesischer Touristen.

Auf diplomatischer Ebene bekannte sich Ruto erneut zur Ein-China-Politik und kritisierte globale Handelskriege. Letztere würden »die internationale Ordnung untergraben«. Kenia bleibt damit weiterhin zwischen den Großmächten USA und China positioniert. Die Regierung versucht aktuell, von chinesischen Investitionen zu profitieren, ohne sich weiter zu verschulden.

Weniger diplomatisch harmonisch war ein Treffen mit dem simbabwischen Geschäftsmann Wicknell Chivayo, das Ruto auf seiner Rückkehr in Dubai einlegte. Chivayo war in Simbabwe mehrfach in Korruptionsskandale verwickelt und steht wegen nicht erfüllter Großaufträge sowie Geldwäschevorwürfen in der Kritik. Dies ist nicht das erste Treffen der beiden: Bereits im Januar 2025 hatte Ruto Chivayo in seiner privaten Residenz empfangen. Das Treffen sorgte in Kenia für Irritationen und überschattet in den Medien Rutos eigentlich erfolgreichen China-Besuch.

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