Schutzgeldmafia
Von Christian Selz, Kapstadt
Der belgische König Leopold II. behandelte den Kongo einst um die Wende zum 20. Jahrhundert als sein Privateigentum. Im Zuge der Rohstoffausbeutung – damals vor allem Kautschuk – ließ er seine Kolonialtruppe die Sklaverei zurückbringen, morden und Hände abhacken. Ein gutes Jahrhundert später schickt sich mit Donald von Amerika nun ein neuer Regent an, über das zentralafrikanische Land zu herrschen. Statt Gummi begehren seine Raubritterkonzerne Kobalt, Kupfer und seltene Erden, benötigt für Telekommunikation und Kriegsgeräteelektronik. Immerhin, den Besitz des nach Fläche zweitgrößten Staates Afrikas strebt Trump nicht an. Seine Vision ähnelt eher einer anderen Herrschaftsform der Kolonialzeit: einem Protektorat. Der Deal, um in der Sprache des US-Regimes zu bleiben, ist folgender: Washington garantiert Sicherheit, im Gegenzug beuten US-Firmen die Rohstoffe der Demokratischen Republik Kongo aus.
Wie das in der Praxis funktionieren soll – in einem Land, in dem mehr als 100 bewaffnete Milizen ihr Unwesen treiben und in dem es der UN-Truppe Monusco in 25 Jahren nicht ansatzweise gelungen ist, für Frieden zu sorgen – darüber gibt es bei Trump freilich wenig Details. Nur so viel: Das Nachbarland Ruanda soll seine Truppen zurückziehen und die Unterstützung seiner Proxymiliz »M 23« einstellen. Das dürfte in der Tat ein gangbarer Hebel sein, schließlich beruhte der Erfolg der ruandischen Offensive auch auf der modernen westlichen Bewaffnung ihrer Truppen und der »M 23«.
Die Regierung in Kigali soll im Gegenzug auch einen Rohstoffdeal abschließen und künftig die Weiterverarbeitung der geförderten Mineralien für die US-Kundschaft leisten. Dass das Gros des Erzes in der DR Kongo geraubt wird, interessiert in Washington freilich ebenso wenig wie in der EU, die den Ausbau von Schmelzen in Ruanda bereits seit vergangenem Jahr fördert. Doch Trump will hier nicht nur einen Konkurrenten ausstechen: Der angestrebte Doppeldeal, der in den kommenden zwei Monaten abgeschlossen werden soll, wird es den USA zudem ermöglichen, Ruanda und die DR Kongo gegeneinander auszuspielen. Teile und herrsche, ganz im Sinne der kolonialen Tradition. Wenn die Kongolesen nicht liefern, kommen eben die Mordbanden der »M 23« zurück; wenn Ruanda zu viel fordert, versiegen die Rohstoffquellen.
Wie eine staatliche Schutzgeldmafia nutzen die USA somit einen regionalen Konflikt, um Kraft ihrer militärischen Stärke die Rohstoffe für die eigene Rüstungsindustrie zu sichern. Und nicht nur das: Zugleich soll in der DR Kongo so China ausgestochen werden, das im Bergbausektor des Landes zuletzt stark an Einfluss gewonnen hatte. Die Chinesen schaffen dafür zivile Infrastruktur. Doch was sind schon Straßen und Schienen gegen den »Schutz« von Uncle Sams Militärapparat. In einer neokolonialen Weltordnung: wenig. Es gilt das Recht des Stärkeren.
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