EU-Parlament gegen Reparationen
Von Ulrich Schneider
Im Koalitionspapier von CDU/CSU und SPD wird hochmoralisch davon gesprochen, man wolle die Restitution von durch die Nazis geraubten Kunstwerken aktiv fördern. Auch die Rückgabe im Zuge des Kolonialsystems gestohlener Kulturgüter stehe auf der Agenda. Jedoch die seit Jahrzehnten erhobenen Forderungen aus Griechenland nach einer realen Kompensation der vom deutschen Faschismus verursachten Schäden für die griechische Bevölkerung, einschließlich der Zwangsanleihe, mit der der griechische Staatsschatz geplündert wurde, bleiben ein politisches Tabu. Auch die Ampelkoalition hatte für die griechischen Forderungen nur salbungsvolle Worte, aber keine Taten im Gepäck, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2024 am Tatort Distomo seine Rede hielt.
Gerichtliche Versuche zur Durchsetzung der historischen Ansprüche wurden immer wieder mit juristischen Winkelzügen verhindert. Griechische Antifaschisten hatten sich 2024 mit einer Petition an das EU-Parlament gewandt, um dort Gehör für ihren Ruf nach Restitution und Anerkennung der berechtigten Forderungen zu finden. Das Ergebnis war niederschmetternd: Der Petitionsausschuss des Parlaments beschloss, die Petition der Panhellenischen Union der Nationalen Widerstandskämpfer und der Demokratischen Armee Griechenlands (PEAEA-DSE) ohne Diskussion abzulehnen, wie die PEAEA-DSE im April mitteilte. Zur Begründung habe man ihr mitgeteilt, ihr Anliegen falle angeblich nicht in die Zuständigkeit der Europäischen Union, es sei eine bilaterale Angelegenheit.
Die PEAEA-DSE verurteilte diese inakzeptable Entscheidung des Petitionsausschusses. Sie sei »eine Provokation für die Kämpfer unseres nationalen Widerstands, die Kämpfer der DSE, die politischen Flüchtlinge, die Nachkommen und Freunde des Widerstands« sowie für das gesamte griechische Volk, das einen hohen Blutzoll für den Sieg über Hitlerdeutschland gezahlt habe.
Die panhellenische Organisation sieht darin auch eine enorme Geringschätzung des Beitrags der griechischen Widerstandskämpfer zum »antifaschistischen Sieg der Völker mit der Sowjetunion und der Roten Armee als Protagonisten« sowie der von den kommunistischen Parteien geführten antifaschistischen Befreiungsbewegungen, wie der EAM-ELAS. Angesichts des 80. Jahrestages betrachte man diese Entscheidung des Petitionsausschusses als eine »große Beleidigung für die Millionen von Menschen, die im antifaschistischen Kampf im Zweiten Weltkrieg gestorben sind«.
Mit Blick auf die Haltung der gegenwärtigen griechischen Regierung und die ihrer Vorgänger kritisierte die PEAEA-DSE, dass diese trotz aller verbalen Rhetorik, man wolle die Kriegsreparationen von der deutschen Regierung einfordern, faktisch keine notwendigen Schritte unternommen hätten, »um die Beziehungen zu ihrem Verbündeten, der deutschen Regierung, nicht zu stören«.
Auch wenn seine Petition abgeblockt wurde, hält der antifaschistische Verband unbeirrt an seinem Ziel fest. Man werde die »legitimen Rechte des griechischen Volkes« niemals aufgeben und weiterhin »vehement« für deutsche Kriegsreparationen und die Rückgabe der von den Naziverbrechern gestohlenen Kulturschätze eintreten, erklärte PEAEA-DSE schließlich.
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