Schweizer Firmen melden Kurzarbeit an
Von Dominic Iten
Zur diesjährige Frühlingstagung von IWF und Weltbank reiste auch eine Schweizer Delegation. Thema war der US-Handelskrieg: Die Zölle sollen weg, Regierungsvertreter versuchten den Freihandel zu retten. Mit Karin Keller-Sutter und Guy Parmelin hatten Pralinen und Uhren im Gepäck, im Rücken eine stark geteilte öffentliche Meinung.
Insbesondere von seiten der Sozialdemokratischen Partei hagelte es Kritik für das Vorgehen der beiden Bundesräte: »Ein Auftritt voller Unterwürfigkeit – peinlich und beunruhigend«, meldete Kopräsident Cédric Wermuth. Lobende Worte gab es hingegen aus dem rechts-bürgerlichen Block: Der Bundesrat habe es geschafft, die Trump-Administration von der wirtschaftlichen Relevanz der Schweiz zu überzeugen, meinte der Fraktionschef der Schweizer Volkspartei, Thomas Aeschi. Und auch FDP-Präsident Thierry Burkhart zeigte sich beeindruckt und lobte das Schweizer Verhandlungsgeschick.
Erklärtes Ziel der bundesrätlichen Charmeoffensive ist die Abwendung der angekündigten Strafzölle, die ab Juli gelten sollen. Gemäß Keller-Sutter habe man dazu nun den entscheidenden ersten Schritt getan: Man gehöre zur Gruppe von fünfzehn Ländern, die mit den USA »etwas privilegierte Verhandlungen führen« dürfen, meinte sie im Gespräch mit dem SRF.
In starkem Kontrast zu diesen zuversichtlichen Worten stehen die jüngsten Maßnahmen des Schweizer Kapitals. So beginnen erste Unternehmen die Folgen des Handelskriegs auf die Arbeiterinnen und Arbeiter abzuwälzen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bestätigte gegenüber der NZZ, dass bereits mehrere Anträge auf Kurzarbeit eingegangen seien – erst vor wenigen Tagen hatte das Seco die US-Zölle offiziell als Grund für Kurzarbeitsanträge anerkannt.
Besonders stark betroffen ist die Maschinenindustrie: Auf Stahl, Aluminium und Autos wollen die USA Einführzölle von zusätzlichen 25 Prozent erheben. Doch auch in anderen Branchen zeigen sich Auswirkungen. So haben die beiden Schweizer Pharmariesen kürzlich bekanntgegeben, besonders in den Bau neuer US-Produktionsstätten zu investieren – Roche 50 Milliarden US-Dollar, Novartis 23 Milliarden US-Dollar.
Wer in der Vergangenheit den Analysen liberaler Medien, Wirtschaftsverbände und offizieller Stellen Glauben schenkte, dürfte sich nun wundern. Jahrelang hieß es, die Schweiz exportiere hochspezialisierte Maschinen, Pharmazeutika und Luxusprodukte, die so hochwertig und spezifisch seien, dass sie auf dem Weltmarkt unverzichtbar wären. Strafzölle könnten der Schweiz nur wenig anhaben, weil deren Produkte so gefragt sind, dass sich Abnehmerländer mit Strafzöllen vor allem selbst schaden würden – eine Rechnung, die ohne Trump gemacht wurde.
Dieser scheut offensichtlich keine Kollateralschäden. Betroffen sind nicht nur US-Unternehmen, die durch die verteuerten Importe unter Druck geraten – auch die Verbraucher zahlen hohe Preise für eine Politik, die auf eine langfristige Neuordnung der globalen Wertschöpfungsketten zielt: Ausländisches Kapital soll geschädigt, Investitionen sollen umgelenkt, Produktionsstätten in die USA zurückgeholt werden. Ob diese Strategie aufgeht, bleibt abzuwarten. Bereits jetzt ist klar: Auch wer sich wegen seines hochspezialisierten Exportsektors sicher wähnte, ist gegen protektionistische Maßnahmen nicht immun.
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