USA massakrieren Migranten
Von Jakob Reimann
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hat sich nach dem Massaker an afrikanischen Migranten im Jemen »zutiefst beunruhigt« gezeigt. Die Angriffe der USA stellten »eine wachsende Gefahr für die Zivilbevölkerung« dar, erklärte sein Sprecher Stéphane Dujarric am Montag. In der Nacht zuvor hatten US-Streitkräfte viermal eine Einrichtung für Geflüchtete in der Provinz Saada bombardiert und mindestens 68 afrikanische Migranten getötet. Die meisten Toten stammten aus Äthiopien, andere aus Somalia. 47 weitere Personen wurden bei dem Anschlag verletzt, meldete Reuters. Das von den Ansarollah (»Huthis«) geführte Innenministerium verurteilte den »vorsätzlichen Bombenangriff« auf die Einrichtung und sprach von »Kriegsverbrechen«.
Videoaufnahmen des ansarollahnahen TV-Senders Al-Masirah zeigen das Ausmaß der Gewalt. Blutüberströmte Leichen mit abgetrennten Gliedmaßen in den Trümmern des zerstörten Gebäudes sind dort zu sehen. Ersthelfer bergen Tote und Verletzte. Der Vorsitzende der somalischen Gemeinschaft im Jemen, Ibrahim Cabdulqaadir Macallin, sagte gegenüber BBC, er habe »verbrannte Menschen gesehen«. Militärische Einrichtungen befanden sich nicht in der Nähe. Das für Militäroperationen in Westasien zuständige US-Zentralkommando (Centcom) erklärte, es nehme »Behauptungen« über zivile Tote »sehr ernst«.
Seit Beginn der jüngsten Angriffswelle am 15. März in Reaktion auf die palästinasolidarische Blockade der Ansarollah im Roten Meer haben US-Streitkräfte laut einer Presseerklärung vom Sonntag mehr als 800 Ziele bombardiert. Die Angriffe verfolgten angeblich das Ziel, »eine tödliche Wirkung gegen die Huthis zu erzielen und gleichzeitig das Risiko für die Zivilbevölkerung zu minimieren«. Allein beim bislang tödlichsten US-Angriff auf den bedeutenden Ölhafen Ras Issa am Roten Meer Mitte April wurden über 80 Menschen getötet; die überwiegende Mehrheit Zivilisten. Mit den Angriffen vom Montag – auch in der Hauptstadt Sanaa wurden zwölf Menschen, darunter Kinder, getötet – steigt die Zahl der Opfer auf mehr als 250, während Centcom behauptet, »Hunderte von Huthi-Kämpfern und zahlreiche Huthi-Führer getötet« zu haben.
Die Angriffe auf den Jemen würden stets »auf der Grundlage detaillierter und umfassender nachrichtendienstlicher Erkenntnisse durchgeführt«, so das US-Militär. Nimmt man das Pentagon beim Wort, handelte es sich demnach auch beim Massaker in Saada keineswegs um ein Versehen, sondern um gezielte Tötungen afrikanischer Migranten. Dies wirft die Frage nach dem strategischen Kalkül auf. Jedes Jahr beschreiten Hunderttausende Menschen aus den Krisen- und Kriegsgebieten der Region unter Lebensgefahr den Seeweg Richtung Jemen, um schließlich in den reichen Golfmonarchien Arbeit und ein Leben in Sicherheit zu finden. Die UN-Migrationsbehörde (IOM) bezeichnete diese Route als einen der »am stärksten frequentierten und riskantesten Migrationskorridore der Welt«; 500 Menschen starben demnach im vergangenen Jahr bei der Überfahrt.
Durch Saudi-Arabiens systematische Zerstörung der industriellen Basis im zehnjährigen Krieg gegen den Jemen sowie die zahlreichen internationalen Sanktionen sind die Ansarollah auf alternative Einnahmequellen angewiesen. Seit Jahren mehren sich Vorwürfe internationaler Menschenrechtsorganisationen, dass von afrikanischen Migranten »Transportgebühren« oder Lösegelder erzwungen würden. Auch würden die Ansarollah durch die Fluchthilfe über die jemenitisch-saudische Grenze wöchentliche Einnahmen in Höhe von Zigtausenden US-Dollar erzielen, heißt es bei AP. In Summe sind diese Einnahmen zwar überschaubar, doch auch nicht zu vernachlässigen. Nach dem Massaker am Ölhafen Ras Issa prahlte das Pentagon, der Schlag würde den Ansarollah »Millionen von Dollar an Einnahmen« zunichte machen. So drängt sich beim jüngsten Blutbad der Verdacht auf, dass die USA vorsätzlich Migranten töteten, um eine Einnahmequelle einer verfeindeten Regierung auszuschalten.
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