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Aus: Ausgabe vom 29.04.2025, Seite 5 / Inland
Keien Rendite mit der Miete

Gassperren wegen Vermieter

Merseburg: Immoverwalter zahlt Energiekosten bei Stadtwerken nicht. Linke fordert Rekommunalisierung
Von Oliver Rast
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Wohl ein Eingriff in die Lebensqualität, mit Sicherheit aber ein Gesundheitsrisiko

Leitung kappen, Plombe dran – Folge: kein Gas mehr, Sperrung der Fernwärmeversorgung durch die Stadtwerke. Aktuell etwa in Merseburg im Saalekreis in Sachsen-Anhalt. Massenhaft seien die Gassperren bei Mietern von AS Property Management, berichtete die sachsen-anhaltinische Landtagsfraktion Die Linke am Sonnabend.

Grund für die gekappten Gasleitungen sei der »skrupellos agierende Wohnungskonzern AS Property Management, der die Zahlungen der Mieter für die Nebenkosten nicht an die jeweiligen Stadtwerke weiterreicht«, sagte die energiepolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kerstin Eisenreich, am Montag jW.

Die Einstellung der Fernwärmeversorgung stelle »einen massiven Eingriff in die Lebensqualität dar und widerspricht den grundlegenden Anforderungen an gute Mietverhältnisse«, so Eisenreich weiter. Mieter hätten ein Recht auf funktionierende und adäquate Versorgung mit Heizung und Warmwasser. Ihre Fraktion kämpfe deshalb seit Jahren für ein gesetzliches Verbot von Strom- und Gassperren, »weil das Recht auf eine sichere, funktionierende und warme Wohnung ein Grundrecht ist«.

Wer ist die AS Property Management? Laut Firmenhomepage Teil der AS Unternehmensgruppe Holding und Verwalterin der Immobilien der Gruppe. Die Immomanager stünden Investoren und Mietern »gleichermaßen kompetent zur Verfügung«, heißt es. Mehr noch, »als Immobiliendienstleister wollen wir serviceorientiert, nachhaltig und profitabel den Markt weiterhin für uns erschließen«. Ein Reklamespruch als Drohkulisse. Eine jW-Anfrage wegen der Gassperren in Merseburg blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Schade.

Zumal dieser Fall kein Einzelfall ist. Bereits im Februar waren Hunderte Bewohner von Häusern der AS Property Management in Magdeburg ohne Heizung und Warmwasser. Auch damals hatten die Immobilienverwalter offensichtlich Gasrechnungen nicht beim Energieversorger beglichen. Gleichfalls kein Verschulden der Mieter. Wenig hilfreich war nach Angaben der Linksfraktion die Unterstützung der Kommune. Die Magdeburger Ämter verwiesen auf Wohnungslosenunterkünfte, wo Schlafplätze auch noch selbst bezahlt werden müssen. Stattdessen beschafften Linkspolitiker ein paar Heißlüfter für Betroffene.

Etwas beruhigend ist das: Gassperren, die zahlungssäumige Mieter verursachen, sind zwischen dem Altmarkkreis Salzwedel und dem Burgenlandkreis eher selten, sagte eine Sprecherin der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt am Montag auf jW-Nachfrage. Zumeist könnten Verbraucherschützer rasch mit dem jeweiligen Stadtwerk eine Vereinbarung treffen, damit der Gasherd betriebsbereit bleibt.

Zurück nach Merseburg. Die Stadtwerke reagierten recht kulant gegenüber Mietern; hätten zumindest abgewartet, bis die kalten Monate vorbei gewesen seien, weiß Linke-Politikerin Eisenreich. Aber das Agieren von AS Property Management müsse Konsequenzen haben. Eisenreich: »Es ist richtig, dass nun die Gebäudewirtschaft über einen Kauf beziehungsweise eine Rekommunalisierung der Gebäude nachdenkt.« Mit dem Grundrecht auf Wohnen dürfe keine Profitmaximierung betrieben werden.

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