Auf Nummer sicher
Von Nico Popp
Katja Wolf bleibt Landesvorsitzende des BSW in Thüringen. Die von der Führung der Bundespartei angezählte Politikerin setzte sich beim Landesparteitag in Gera am Sonnabend gegen die Landtagsabgeordnete Anke Wirsing durch. Wolf erhielt 61 Stimmen, Wirsing 35. Damit sind auch die im Zusammenhang mit dem »Machtkampf« aufgekommenen Spekulationen, die Thüringer CDU/BSW/SPD-Koalition stehe womöglich vor dem Aus, vom Tisch. Die Wiederwahl von Wolf macht unmissverständlich deutlich, dass im Thüringer Landesverband des BSW weiter eine Strömung den Ton angibt, für die Ministersessel der Dreh- und Angelpunkt von Politik sind.
Die von großen Medien mit sichtlichem Vergnügen zur »pragmatischen Rebellin« stilisierte ehemalige Eisenacher Oberbürgermeisterin Wolf, die im Januar 2024 – für Außenstehende ziemlich überraschend – von der Linkspartei, in der sie nie als Kritikerin des regierungslinken Kurses in Erscheinung trat, zum BSW gewechselt war, hat sich damit zum zweiten Mal gegen Koparteichefin Sahra Wagenknecht durchgesetzt. Im Herbst 2024 hatte die nach dem guten Ergebnis bei der Landtagswahl mit Schwung und Kompromissfreude in die Landesregierung drängende Thüringer Parteiführung erfolgreich eine gegenläufige öffentliche Intervention der Bundespartei ausmanövriert. Seither regiert das BSW in Erfurt mit. Im Parteivorstand und auch in anderen Landesverbänden wird insbesondere diese Regierungsbeteiligung für das äußerst knappe Scheitern bei der Bundestagswahl verantwortlich gemacht: In Thüringen hatte das BSW in Umfragen lange Zeit Höchstwerte erzielt, um dann bei der Bundestagswahl das zweitschlechteste Ergebnis in den ostdeutschen Flächenländern einzufahren.
Das im Vorfeld des Landesparteitages von der Bundesebene und auch von den benachbarten Landesverbänden Sachsen und Sachsen-Anhalt bemühte formale Argument für eine Neubesetzung der Doppelspitze in Thüringen war allerdings die Trennung von Regierungs- und Parteiamt. Wolf und der bisherige Kolandeschef Steffen Schütz sind Minister. Um Wolf im Amt zu halten, fuhren beide einen geschickten Konter: Kurz vor dem Parteitag gab Schütz bekannt, nicht erneut zu kandidieren; als Nachfolger und Kandidat der »Basis« präsentiert wurde nun Gernot Süßmuth, Konzertmeister der Staatskapelle Weimar. Er wurde am Sonnabend mit 63 Stimmen gewählt.
Generalsekretär Christian Leye vertrat in Gera die Bundespartei, die augenscheinlich darauf verzichtet hatte, durch weitere Neuaufnahmen die Gruppe um Wolf in dem aktuell etwa 130 Mitglieder zählenden Thüringer Landesverband zu majorisieren. In seiner Rede erklärte Leye, dass die BSW-Anhänger auch außerhalb Thüringens einen kritischen Blick auf die Regierungsbeteiligung hätten. Der Thüringer Landesverband trage »eine besondere Verantwortung für unsere Gesamtpartei«. Allerdings betonte Leye – der offensichtlich schon da eingesehen hatte, dass es für einen anderen Weg im Thüringer Landesverband keine Mehrheit gibt – auch, dass der Bundesvorstand diese Regierungsbeteiligung nicht beenden wolle. »Es platzt keine Regierung in Thüringen, unabhängig vom Ausgang der Vorstandswahl«, versicherte er. Nachdem der Landesparteitag in dieser Frage auf Nummer sicher gegangen war und Wolf im Amt bestätigt hatte, gab Leye sich gegenüber dpa zerknirscht: »Wir hätten eine andere Entscheidung schlauer gefunden.« Gleichwohl sei das Tischtuch mit dieser Entscheidung »nicht zerschnitten«; man bleibe »im Gespräch«.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Kurt W F. (27. April 2025 um 20:35 Uhr)Die Katja ist dem BSW sein Wolf!
- Antworten
Ähnliche:
- Martin Schutt/dpa22.02.2025
»Davon kann die Partei nicht profitieren«
- Christoph Worsch/IMAGO10.12.2024
Eine Stimme für ein Papier
- Soeren Stache/dpa18.10.2024
Die Brombeere reift heran
Regio:
Mehr aus: Inland
-
Der Befreiung gedenken
vom 28.04.2025 -
Viele Fragen, viel Wut
vom 28.04.2025 -
Desaströse Baupolitik
vom 28.04.2025 -
Rettungsaktion für Bus und Bahn
vom 28.04.2025 -
»Die herrschende Klasse hat keine Antworten«
vom 28.04.2025