Mehr junge Leute ohne Berufsabschluss
Von Susanne Knütter
Die Zahl der jungen Erwachsenen ohne Berufsausbildung wächst. Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stieg die Zahl der 20 bis 34jährigen ohne Abschluss zwischen 2013 und 2024 um 460.000 auf 1,6 Millionen. Als Grund dafür sieht das IAB unter anderem die Zuwanderung; aber auch unter Deutschen steigt die Quote derjenigen ohne Ausbildung.
Ein vollständiges Bild des laut IAB »austrocknenden Arbeitsmarktes« umfasst auch rund eine Viertelmillion junger Erwachsener, die nach der Schule in Maßnahmen des sogenannten Übergangssektors der Arbeitsagenturen feststeckt, weil sie keinen Ausbildungsplatz findet. Relevant ist auch die Zeit, die Asylsuchende warten müssen, um eine Ausbildung beginnen zu dürfen. Hinzu kommt eine steigende Zahl an Auszubildenden, die ihre Ausbildung frühzeitig abbrechen, weil etwa die Ausbildungsbedingungen zu schlecht sind. Der DGB kommt entsprechend sogar auf insgesamt 2,9 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren ohne Ausbildung. Gleichzeitig bilde nicht einmal jeder fünfte Betrieb aus, erklärte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack anlässlich der Veröffentlichung des letzten DGB-Ausbildungsreports.
Um dem entgegenzuwirken, hat die Berliner Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) am Mittwoch einen Gesetzentwurf für eine Ausbildungsplatzumlage auf den Weg gebracht. Ein Berliner Bündnis aus Gewerkschaften, Unternehmen und der Politik hatte sich im Jahr 2023 auf 2.000 zusätzlich abgeschlossene Ausbildungsverträge bis Ende 2025 geeinigt. Die Ausbildungsumlage soll laut Gesetzentwurf in Kraft treten, wenn das Ziel – und danach sieht es aus – nicht erreicht wird. Das heißt, Unternehmen ab einer bestimmten Größe, die nicht oder nicht genug ausbilden, müssen dann in einen Fonds einzahlen, von dem ausbildende Betriebe profitieren können. Damit es nicht zu dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben kommt, hat sich der Regierende Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), am Mittwoch schon einmal vorsorglich gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen.
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Leserbrief von Christian König aus Bremen (25. April 2025 um 14:00 Uhr)Ich würde die Zahl eher niedriger einschätzen, denn die Jobcenter nutzen dieses Argument »keine Ausbildung, deshalb sind Sie jetzt Hartz IV/Bürgergeld Empfänger«, um die Arbeitslosen für ihre Lage immer selbst verantwortlich zu machen. In den vergangenen Jahren habe ich bzw. haben Bekannte und Freunde im Jobcenter folgendes erlebt: Ausbildungen werden nicht anerkannt, z. B. weil sie außerhalb der EU erfolgten, obwohl sie identisch oder sogar besser waren als in Deutschland. Veraltete Ausbildungen, z. B. Kfz-Mechatroniker (heute ja Mechatroniker) werden nicht anerkannt, und der »Fallmanager« sortiert den Arbeitslosen in die Gruppe derer ein, die gar keine Ausbildung haben. Studium wird nur anerkannt, wenn es vollständig abgeschlossen ist, selbst wenn jemand das Vordiplom hat, wird daraus beim Jobcenter »keine Ausbildung«. Dazu kommen noch die, die kurzfristig selbständig waren, usw. Man scheint in der Statistik der BA eine diebische Freude daran zu haben, möglichst viele (junge) Menschen ohne Berufsabschluss zu zählen, selbst wenn dies so gar nicht stimmt. Umgekehrt zu der Zahl der Arbeitslosen, die man mit Tricks heruntermanipuliert. Dazu noch der Irrsinn, dass man beim Bürgergeldantrag Studenten, selbst wenn sie kurz vor dem Abschluss stehen, aber ihnen das Geld ausgeht, zwingt, sich exmatrikulieren zu lassen. Es kommt auch vor, dass das Jobcenter die Neuantragsteller zwingt, eine laufende Ausbildung abzubrechen, weil sonst kein Bürgergeld gezahlt wird. Ein totaler Unsinn, aber viele Fallmanager sind mehr daran interessiert, Lebensläufe zu zerstören als wirklich in sinnvolle Arbeit zu integrieren.
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