»Werden den Aufmarsch nicht tolerieren«
Von Hendrik Pachinger
Für dieses Wochenende hat die rechte Vernetzungsorganisation »Gemeinsam für Deutschland«, GFD, ihren zweiten Aufmarsch innerhalb kurzer Zeit angekündigt. Vor vier Wochen war die GFD schon mal auf der Straße, damals aber nur in 16 Städten. Was ist jetzt zu erwarten?
Man darf ruhig sagen: Sie haben Blut geleckt. Sie sehen die Chance des Entstehens einer extrem rechten Sammlungsbewegung, wie wir sie schon sehr lange nicht mehr hatten. Sie versuchen unter dem bekannten Deckmantel einer vorgeblich neutralen Bewegung klassische Neofaschisten und AfDler, einfache Bürger und die Reste der Coronakritiker unter einen Hut zu bekommen. Sie treten dabei durchaus professionell, mit zentraler Organisation und Pressesprecherin, auf: Absehbar 22 Demonstrationen zeitgleich wollen deutschlandweit erst einmal organisiert sein. Es ist der Versuch, nun auch neben dem allgemeinen gesellschaftlichen Disput und Rechtsruck in den Parlamenten die Straße zu erobern. Dies gelang ihnen bislang noch nicht.
Wie schon beim zurückliegenden Aufmarsch formiert sich bundesweit Protest gegen das Treiben. Worauf machen Sie sich in Nürnberg gefasst?
Widerstand hiergegen ist dringend nötig – und findet zum Glück auch statt. In Nürnberg dockt GFD an eine bereits bestehende Gruppierung mit dem irreführenden Namen »Team Menschenrechte« an und vervielfältigt deren Resonanz. Bereits bei der Demo im März konnten sie 800 Personen mobilisieren. Verschiedene Gruppen haben sich ihrerseits hiergegen vernetzt, von den »Omas gegen rechts« über fortschrittliche Parteien bis hin zu autonomen Strukturen. Wir werden den Aufmarsch – egal wie groß er ausfallen wird – nicht tolerieren.
Die Auseinandersetzungen könnten hitzig werden. Eine Gruppe Rechter griff bereits am 10. März linke Demonstranten in der Öffentlichkeit an. Welche Teilnehmer werden dieses Mal erwartet?
Dem folgte am 7. April ein noch systematischer ausgeführter Angriff in SA-Manier, als auf Kommando eine Gruppe von Nazis Gegendemonstranten auf dem Heimweg angriff. Ihre montäglichen Demos werden seit einigen Monaten übergriffiger und gewalttätiger, auch das Outfit der Teilnehmenden martialischer: Bomberjacken, Springerstiefel, Shirtaufschriften wie »Stolzer Deutscher«, abgeklebte – da verbotene – Tattoos und White-Power-Gesten sprechen eine immer klarere Sprache. Die Teilnehmer rekrutieren sich aus einer kruden Mischung von Impfgegnern, klassischen Neonazis von »Die Heimat« – Ex-NPD –, immer mehr AfD-Funktionären oder den relativ neuen »Active Clubs«.
Die Proteste der GFD in Nürnberg werden vom Personenkreis hinter dem Nürnberger »Team Menschenrechte« organisiert. Lassen sich die Proteste bereits politisch einordnen?
Uns waren im »Nürnberger Bündnis Nazistopp« sowohl die Querdenken-Bewegung als auch das hieraus hervorgegangene »Team Menschenrechte« direkt mehr als suspekt. 2023 und 2024 hatten wir hierzu ausführlich dokumentiert, dass jene von vorneherein rechtsoffen ausgelegt waren. Die jetzige Übernahme der Bewegung durch die extreme Rechte kommt für uns daher alles andere als überraschend. Überraschend ist allenfalls, wie radikal und schnell sich diese Veränderung in den vergangenen Monaten vollzogen hat.
Warum sehen sich Kräfte der äußersten Rechten gerade jetzt berufen, den »Kampf um die Straßen« aufzunehmen?
Die sogenannte Vier-Säulen-Theorie der extremen Rechten sieht neben dem »Kampf um die Köpfe« und dem »Kampf um die Parlamente« auch den »Kampf um die Straße« und den »Kampf um den organisierten Willen« vor. Die AfD ist Hoffnungsträgerin der gesamten extremen Rechten und konnte den gesellschaftlichen Disput bereits deutlich in ihrem Sinne verschieben. Sie ist als politische Kraft der CDU/CSU in der Sonntagsfrage auf den Fersen. Nun kommt folgerichtig der Versuch, die Straße zu beherrschen. Wenn wir das also jetzt zulassen, ist der Weg zur Hegemonie der Faschisten in diesem Land nicht mehr weit: Sie wären fast am Ziel.
Ulrich Schneeweiß ist Sprecher des »Nürnberger Bündnis Nazistopp« und Verdi-Gewerkschaftssekretär im Bezirk Mittelfranken
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