ASML trotzt Handelskrieg
Von Gerrit Hoekman
Wer ASML-Aktien im Portfolio hatte, konnte sich bisher beruhigt im Ohrensessel zurücklehnen. Der niederländische Chipmaschinenhersteller war eine todsichere Anlage. Der Konzern hat sich weltweit mit modernster Technik, die nur er bauen kann und darf, unentbehrlich gemacht. Doch seitdem US-Präsident Donald Trump mit Zöllen um sich schmeißt, ist es auch am Firmensitz im beschaulichen Veldhoven unruhig geworden. Der Aktienkurs sinkt. Dennoch empfehlen J. P. Morgan, Goldman Sachs und Deutsche Bank die Anteile, wie Der Aktionär am Dienstag meldete.
Der Geschäftsbericht, den ASML am vergangenen Mittwoch veröffentlichte, gibt keinen Grund zur Sorge: 7,7 Milliarden Euro Gesamtumsatz und 2,4 Milliarden Gewinn im ersten Quartal 2025. Das zweitbeste Ergebnis seit der Gründung 1984. »Unsere bisherigen Gespräche mit Kunden bestätigen unsere Erwartung, dass 2025 und 2026 Wachstumsjahre sein werden«, gab ASML sich optimistisch. Für dieses Jahr rechnet der Konzern mit einem Nettoumsatz zwischen 30 und 35 Milliarden Euro. Allerdings seien weniger Aufträge eingegangen als erwartet. »Die Unsicherheit in der Makroökonomie hat zugenommen, und die Situation wird vorerst dynamisch bleiben«, kommentierte ASML-CEO Christopher Fouquet.
Trump bringe den »Laden durcheinander«, der »außer Kontrolle geraten« könnte, warnte René Raaijmakers, Verlagschef bei Techwatch.nl, am Mittwoch voriger Woche im Regionalsender Omroep Brabant. Handelsrestriktionen sind für ASML indes nichts Neues. Aufgrund ihrer Monopolstellung geraten die Veldhovener bei Handelskonflikten schnell zwischen die Fronten. Schon vor Trumps Rückkehr ins Weiße Haus hatte die niederländische Regierung 2023 nach massivem Druck der Biden-Administration die Ausfuhr der modernsten Maschinen nach China verboten.
Das Hin und Her, das Zoll-Zampano Trump nun veranstaltet, macht eine Prognose um so schwerer. Erst legte er einen Importzoll von 25 Prozent auf Techprodukte fest, setzte ihn wieder aus und kündigte neue Zölle an. »Wenn Trump bei den Einfuhrzöllen weiterhin so wankelmütig bleibt, wird das ASML enorm schaden«, wusste Raaijmakers. Helfen könnte der Boom künstlicher Intelligenz (KI). »Dazu braucht es superschnelle Chips, die mit den neuesten Maschinen von ASML hergestellt werden können. Große Unternehmen in den USA haben hierfür bereits viel Geld investiert.« Geriete die US-Wirtschaft indes in eine Rezession, könnten die Investitionen in KI einbrechen, wenn nicht sogar zum Erliegen kommen, hieß es weiter. ASML wäre direkt und stark betroffen.
Der Chipgigant investiert trotzdem kräftig weiter. Anfang April wurden in Veldhoven vier nagelneue Gebäude mit 4.000 Arbeitsplätzen eingeweiht. Bis 2030 will ASML seine Belegschaft sogar auf 40.000 Beschäftigte verdoppeln. Dafür ist ein noch zu bauender Campus im nahegelegenen Eindhoven geplant. Ein bemerkenswertes Ziel ist das, wird anderswo doch reihenweise entlassen, auch in den Niederlanden, etwa beim Stahlriesen Tata Steel Nederland.
ASML sei eben anders, behaupten viele in den Niederlanden, sei »eine kleine Welt innerhalb der Welt«, wurde der Omroep Brabant am 8. April fast romantisch. Das jüngst eingeweihte Areal in Veldhoven biete der Belegschaft nicht nur überdachte Fahrradständer, sondern auch einen Extraraum zum Trocknen nass gewordener Radsportkleidung. Damit schlechtes Wetter keine Ausrede mehr sei, ins Auto zu steigen, so die Konzernführung. Einen Pendelbus soll es sonst auch geben. Zudem böten die Büros allerlei Annehmlichkeiten. Wer keinen Bock mehr auf lärmende Kollegen habe, könne sich in »Fokusräume« zurückziehen. Angeblich völlig schallisoliert. Da kann Trump noch so laut nach Zöllen krähen.
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