Haftstrafen für braune Geschäftemacher
Von Kristian Stemmler
Sie hatten über Jahre ein großes Netzwerk aufgebaut, das Tonträger mit Rechtsrockmusik produzierte und Musik mit gewaltverherrlichenden Texten vertrieb, in denen Adolf Hitler und andere Größen des deutschen Faschismus bejubelt wurden. Ihr Tun flog auf, den Männern um Lasse K. wurde der Prozess gemacht. Das Landgericht Lüneburg hat am Dienstag das Urteil gegen die fünf gesprochen. »Wenn man sich das anhört, dann verschlägt es einem wirklich die Sprache«, erklärte der Vorsitzende Richter Michael Herrmann zu den Liedtexten.
Der Hauptangeklagte Lasse K. aus Bardowick bei Lüneburg wurde wegen Volksverhetzung und Verwenden verfassungsfeindlicher Kennzeichen zu zwei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der mitangeklagte Michael K. aus Hamburg kam mit einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung davon, Stefan K. aus dem schleswig-holsteinischen Escheburg mit einem halben Jahr auf Bewährung. Zwei weitere Mitangeklagte, die beim Ankauf von Lizenzen und der Gestaltung der Cover mitgewirkt hatten, wurden zu Geldstrafen verurteilt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hatte auch eine Verurteilung des Quintetts nach Strafgesetzbuch 129 (»Bildung einer kriminellen Vereinigung«) beantragt. Dem schloss sich das Gericht nicht an. Mit dem Strafmaß für Lasse K. blieb es unter der Forderung der Anklage, die eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten für ihn beantragt hatte. Das Urteil entspricht der Forderung der beiden Verteidiger des Hauptangeklagten. Eine Gerichtssprecherin erklärte, eine Bewährungsstrafe für den 35jährigen sei trotz seiner 16 Monate Untersuchungshaft kein Automatismus, möglicherweise müsse er ins Gefängnis.
Vier der fünf Männer hatten sich Anfang 2018 zusammengeschlossen, um die Tonträger mit Rechtsrock zu verbreiten. Der fünfte Angeklagte schloss sich im Jahr 2019 an. Die Gruppe ging laut Anklage arbeitsteilig vor. Lasse K. galt als Kopf der Bande. Er verkaufte aus seiner Garage und einem Geschäft in Hamburg die Tonträger. Michael K. war demnach seine rechte Hand. Stefan K. war den Ermittlungen zufolge der Mann mit dem technischen Sachverstand, der zum Beispiel die Audiodateien optimierte.
Das Netzwerk vertrieb Lieder von Bands, die in der Neonaziszene Kultstatus haben. Viele Texte erfüllen den Tatbestand der Volksverhetzung und Gewaltverherrlichung. So wird darin Hass gegen Juden, Homosexuelle, Sinti und Roma sowie Geflüchtete verbreitet. Außerdem werden Loblieder auf Adolf Hitler, den KZ-Arzt Josef Mengele, die SS oder die Wehrmacht gesungen. Die Covergestaltungen verwenden »Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen«, also etwa Hakenkreuze und SS-Runen. Die Ermittlungen ergaben demnach, dass das Netzwerk mehr als 28.000 Tonträger verkauft und damit mindestens 285.000 Euro erwirtschaftet hat.
Der Hauptangeklagte hatte in dem seit August laufenden Prozess erst an einem der letzten Verhandlungstage einen Teil der Vorwürfe eingeräumt. Zugleich hatte er versucht, seine Rolle zu relativieren. So behauptete K. ebenso wie seine beiden Anwälte, er sei in erster Linie ein passionierter Schallplattensammler, der versucht habe, sein Hobby zum Beruf zu machen. Die Inhalte der Lieder hätten ihn nicht so interessiert. Die Verteidiger erklärten, der Anteil von Rechtsrock an den von K. vertriebenen Tonträgern habe maximal bei fünf Prozent gelegen.
Die Generalstaatsanwaltschaft sah das anders: K.s Produktionsfirma habe als legale Fassade gedient. Der Verkauf unter der Ladentheke habe den Löwenanteil des Geschäfts ausgemacht.
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