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Aus: Ausgabe vom 22.04.2025, Seite 1 / Ausland
Katholische Kirche

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche erlag den Folgen einer Lungenentzündung
Von Nick Brauns
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Papst Franziskus

Seine letzte Predigt galt den Palästinensern in Gaza. »Ruft einen Waffenstillstand aus, lasst die Geiseln frei und kommt einem hungernden Volk zu Hilfe, das sich nach einer Zukunft in Frieden sehnt«, forderte Papst Franziskus am Ostersonntag vor Tausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom. Den traditionellen Segen »Urbi et Orbi« verlas ein Assistent, zu geschwächt war der 88jährige nach einer doppelten Lungenentzündung. Am Montag erlag das geistige Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken und – aus deren Sicht – »Stellvertreter Gottes auf Erden« seinem Leiden. »Heute Morgen um 7.35 Uhr ist der Bischof von Rom, Franziskus, in das Haus des Vaters zurückgekehrt«, gab Kardinal Kevin Farrell im vatikanischen Fernsehen bekannt.

Der gebürtige Argentinier Jorge Mario Bergoglio – stolzes Mitglied des Fußballvereins San Lorenzo aus Buenos Aires – war 2013 als erster Lateinamerikaner zum Papst gewählt worden. Bergoglio, der sich nach dem als Patron der Armen geltenden Heiligen Franziskus benannte und auf Pomp und Privilegien weitgehend verzichtete, stellte sich als Papst an die Seite der Arbeiter, Ausgebeuteten und Ausgestoßenen. Seine erste Reise führte ihn nach Lampedusa, um auf das Schicksal der Bootsflüchtlinge aufmerksam zu machen. »Diese Wirtschaft tötet«, zeigte sich Franziskus im Apostolischen Schreiben »Evangelii Gaudium« als Kritiker des Kapitalismus, der die »Tyrannei des Marktes« anprangerte. »Schämt euch nicht zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird«, appellierte der Papst im Frühjahr 2024 an den Mut der Ukrainer, die »weiße Fahne« zu hissen – und löste damit in Deutschland wütende Proteste »christlicher« Politikern aus.

Innerhalb der katholischen Kirche galt Franziskus anders als sein Vorgänger Benedikt als Reformer, dennoch lehnte er gleichgeschlechtliche Ehen, Abtreibung und Empfängnisverhütung ab. Da Franziskus etwa 80 Prozent der Kardinäle ernannt hat, die in geheimer Konklave seinen Nachfolger wählen, könnte der von ihm eingeschlagene Kurs fortgesetzt werden.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (22. April 2025 um 09:00 Uhr)
    Am Tag nach der Auferstehung starb einer, der uns das Christentum wieder auf den Boden der Menschlichkeit gestellt hat. Ostermontag, 21. April 2025 – Der Himmel ist leerer heute. Gerade gestern noch, am Ostersonntag, hob er die Hand zum Segen »Urbi et Orbi«. Die Stimme war schwach, aber warm, wie immer. Noch einmal segnete er uns – und dann ging er. Er zeigte es uns – mit jedem Lächeln, jeder Umarmung, jeder Geste der Barmherzigkeit. Er predigte weniger von der Kanzel als mit dem Leben. Statt Glanz: Sandalen. Statt Dogma: Dialog. Statt Verurteilung: Verständnis. Er besuchte Geflüchtete, wusch Gefängnisinsassen die Füße, sprach über Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit, als wären es Glaubenssätze. Jetzt ist er heimgekehrt. Am Ostermontag, diesem leisen Bruder des strahlenden Ostersonntags, ist er von uns gegangen. Es passt zu ihm – denn Franziskus liebte das Leise, das Verborgene, das Menschliche. Die Welt hat einen Hirten verloren. Aber der Himmel hat einen einfachen Mann empfangen, der nie vergaß, wofür ein Hirtenstab da ist: zu stützen, nicht zu herrschen. Möge er in Frieden ruhen – und seine Botschaft unter uns weiterleben.

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