Xi besucht Hanoi
Von Gerhard Feldbauer
Angesichts der US-amerikanischen Zolleskalation rücken die Volksrepublik und einige südostasiatische Staaten enger zusammen, darunter Vietnam: Bis Dienstag hat Chinas Präsident Xi Jinping zum vierten Mal seit Beginn seiner Amtszeit das südostasiatische Land besucht. Hanoi war die erste Station von Xis Reise, die ihn anschließend nach Kambodscha und Malaysia führt. Der chinesischen Parteizeitung People’s Daily war zu entnehmen, dass die Abwehr der Angriffe der USA, die China als Hauptfeind ausgemacht und Einfuhrzölle von 145 Prozent verhängt haben, eine wichtige Rolle bei den Gesprächen einnahmen. Diese fanden zwischen Xi und dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, To Lam, sowie dem vietnamesischen Präsidenten Luong Cuong statt. Chinas Präsident wolle Südostasien zeigen, heißt es in der Zeitung weiter, dass die Volksrepublik im Gegensatz zu den USA »eine verantwortungsvolle Supermacht« sei, es im Handelskrieg keine Gewinner gebe und das multilaterale Handelssystem sowie stabile Lieferketten schützen wolle.
Nicht nur China, auch Vietnam sieht sich mit harten Strafzöllen der USA in Höhe von 46 Prozent konfrontiert. Diese treffen das Land besonders schwer, da die USA sein wichtigster Exportmarkt sind. 2023 machten die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten über ein Viertel des gesamten Exportvolumens aus, an zweiter Stelle folgt China. Vietnam, das deswegen sowohl gute Beziehungen zu den USA als auch zu China pflegt, wird in Washington laut der Nachrichtenagentur AP als »Hintertür« für den Export chinesischer Waren betrachtet. Auf den Besuch Xis reagierte US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche auch prompt mit dem Vorwurf, bei der Zusammenkunft gehe es darum, wie den USA geschadet werden könne: »Das ist ein nettes Treffen. Ein Treffen, bei dem man versucht, herauszufinden, wie man die Vereinigten Staaten von Amerika am besten über den Tisch zieht.«
Wenig überraschend erklärte Xi laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua bei seiner Ankunft, dass das Thema Zölle und der Umgang mit der Politik Washingtons im Zentrum der Beratungen mit der vietnamesischen Führung stehen werde. To Lam schrieb in der Parteizeitung Nhan Dan seinerseits, mit dem Besuch Xis würden beide Länder gemeinsam »eine neue Ära der Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen« einleiten, die der Entwicklung ihrer umfassenden strategischen Partnerschaft und dem Aufbau einer vietnamesisch-chinesischen Schicksalsgemeinschaft diene.
Der Vertiefung der umfassenden wirtschaftlichen Kooperation dienen 45 unterzeichnete Abkommen, die verschiedene Sektoren betreffen, darunter den Agrarhandel sowie eine digitale und grüne Wirtschaft. Der Bau einer 8,3 Milliarden US-Dollar teuren Eisenbahnlinie, die die Hafenstadt Haiphong mit China verbindet, soll teilweise durch chinesische Kredite finanziert werden. Der Vorsitzende des chinesischen Flugzeugherstellers Commercial Aircraft Corporation of China, He Dongfeng, und Vietnams Premierminister Pham Minh Chinh vereinbarten, in der Luftfahrtindustrie sowie der Entwicklung der Luft- und Raumfahrt zusammenzuarbeiten. Vereinbart wurde unter anderem, Flugzeuge vom Typ Comac C909 in Vietnam in Betrieb zu nehmen.
Zum Abschluss des Besuchs äußerten beide Parteien ihre Zufriedenheit über die Ergebnisse der Gespräche, bei denen Differenzen aus dem Weg geräumt worden seien. Das Zusammentreffen verdeutliche, dass die Zusammenarbeit in zahlreichen Bereichen ausgeweitet wurde. Für die historische Entwicklung der Beziehungen beider Länder zueinander wurde auch die Bedeutung der vietnamesischen und chinesischen Revolutionäre Ho Chi Minh und Mao Zedong hervorgehoben, die einer »tiefen Zuneigung zwischen Vietnam und China« den Weg geebnet hätten. Xi Jinping und die chinesische Delegation legten am Mausoleum für Ho Chi Minh Kränze nieder und würdigten ihn als Helden der nationalen Befreiung, einen standhaften revolutionären Soldaten und engen Freund der Völker der Welt.
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