Deutschland, China, Pingpong
Von Pierre Deason-Tomory
Der Jo-Jo-Zollkrieg der USA und die Balkanisierung der NATO stellen die deutsche Außenpolitik auf den Kopf. Die transatlantische Freundschaft ist aufgekündigt, BRD und EU brauchen einen neuen Bündnis- und Handelshegemon, und weil die Russen gerade anderweitig engagiert sind, bleibt nur Beijing. Im Auftrag der geschäftsführenden Außenministerin Annalena Baerbock entwarf ihr Staatssekretär Dr. Anselm F. über Nacht eine Denkschrift mit dem Titel »Neue beste Freunde – Hinwendung zu China«. Am frühen Morgen übergab Dr. F. ihr das Papier, ging mit seinem Büroleiter in die Kneipe und erzählte ihm:
»Sie hat alles abgenickt. Baerbock und ich fliegen später nach Beijing und laden Präsident Xi zum Staatsbesuch nach Berlin ein.«
»Sie will sich echt den Chinesen anbiedern, nachdem sie die drei Jahre lang angerotzt hat? Die nennen so was das Gesicht verlieren.«
»Sie hat auch den Verstand verloren. Will vorschlagen, Präsident Xi zu Ehren den Alexanderplatz umzubenennen. In Platz des Himmlischen Friedens.«
»Das hast du ihr hoffentlich ausgeredet.«
»Warum sollte ich? Wir arbeiten nur noch drei Wochen für sie.«
»Wie soll Baerbock ihre 360-Grad-Wende rechtfertigen? Stichwort Unterdrückung der Uiguren.«
»Das sind Moslems. Denen werden wir ein bisschen Antisemitismus vorwerfen.«
Der Kellner kommt an den Tisch: »Dasselbe wie immer?«
»Nein, heute nur Biere, keine Schnäpse. Ich muss noch die Ministerin fahren.«
»Wie willst du das Tibet-Problem lösen?«
»Mit feministischer Außenpolitik: Der Dalai Lama ist ein frauenfeindlicher Reaktionär etc. Außerdem hat Tibet schon immer zu China gehört.«
»So wie Taiwan.«
»Richtig. Taiwan ist völkerrechtlich ein Teil der Volksrepublik China.«
»Ach! Darf man das wieder sagen?«
»Mit Unterbrechung schon seit Nixons Staatsbesuch in Beijing vor 50 Jahren. Ich habe über die Pingpongdiplomatie promoviert …«
»Die Kurzfassung bitte.«
»Erst ist Taiwan ganz China, ping. Dann besucht Nixon Mao und danach ist China ganz China. Pong. Dann zuletzt wieder nicht mehr, ping. Und jetzt doch wieder, zumindest für Europa. Pong.«
»Glaubst du, Donald Trump spielt Pingpong?«
»Nein. Böser Trump spielt King Kong. Und guter Onkel Xi Jinping sagt: Die Herzen der Deutschen fühlen, dass die Chinesen eine Wiedervereinigung wünschen.«
»Die Hirne wissen inzwischen, dass Wiedervereinigung scheiße ist.«
»Hör auf zu motzen. Wir haben euch die Freiheit geschenkt.«
»Und uns dann ausgeplündert.«
»Wehe den Besiegten, mein Bester! Was lernen wir daraus? Wenn wir Deutsche uns jetzt nicht mit den Chinesen verbünden, plündern uns die Yankees aus.«
»Und was machen wir, wenn King Kong plötzlich wieder nett zu uns ist?«
»Dann machen wir Ping. Wechseln die Seiten und helfen den Amerikanern.«
»Wobei?«
»Bei der Wiedervereinigung Hongkongs mit den USA.«
»Hongkong hat denen nie gehört!«
»Grönland auch nicht.«
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