Ufos des Tages: Nordkoreaner in Kursk
Von Jörg Tiedjen
Man sollte sich ja über die Ukraine nicht lustig machen. Schließlich verteidigt sie den gesamten kollektiven Westen, wenn man anhaltender Propaganda glauben mag. Doch manchmal besorgt es diese selbst, die Freunde in Kiew in ein schräges Licht zu rücken. Da wäre zum Beispiel die Geschichte mit den Soldaten aus der Demokratischen Volksrepublik Korea, wie »Nordkorea« korrekt heißt. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap vom Dienstag soll der südkoreanische Geheimdienst nun bestätigt haben, dass sie seit Mitte Januar vom Schlachtfeld beim russischen Kursk verschwunden sind.
Es werde vermutet, dass sie wegen hoher Verluste abgezogen wurden, die ihnen die ukrainische Armee zugefügt habe, so Yonhap. Aber waren sie jemals dort? Ein Beweis wurde bisher weder von Kiew noch von den Verbündeten in Seoul präsentiert: Angebliche Gefangene wurden bis heute nicht der Öffentlichkeit gezeigt, eine Fotografie zweier angeblicher nordkoreanischer Soldatinnen erwies sich als Montage. Auch das Lichtbild eines Reisepasses, das der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij auf seine Website stellte, ist wenig aussagekräftig. Landeskundige behaupten obendrein, dass in der Russischen Föderation sogar Koreaner leben.
Die Oberschurken Wladimir Putin und Kim Jong Un jedenfalls halfen nicht weiter und hüllten sich weitgehend in Schweigen. So bleibt der Eindruck, dass es sich bei den Berichten ganz ähnlich wie bei der guten alten Kultserie »Kottan ermittelt« verhält. In einer Folge erschien da mal zu Beginn der Sendung die Einblendung: »Ufos halten auf Duisburg zu, Liveberichterstattung folgt.« Das Spruchband lief im Verlauf des Krimis regelmäßig durch, um das Publikum bei der Stange zu halten. Als dann aber die Folge endete, stand plötzlich zu lesen: »Die Ufos sind wieder abgedreht, die Livesendung entfällt.«
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Michael M. aus Berlin (6. Februar 2025 um 07:42 Uhr)War es nicht vielmehr so, dass just als Herr Präsident Selenskij in Seoul um Raketen für die Patriot-Systeme einkam, plötzlich nordkoreanische Truppen auf dem ukrainischen Schlachtfeld auftauchten?
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (5. Februar 2025 um 09:46 Uhr)Über Kim Jong Uns Phantomtruppen: Man könnte fast meinen, die Nordkoreaner in Kursk seien so greifbar wie Saddam Husseins biologische Waffen – stets angekündigt, nie gefunden. Vielleicht sind sie ja auch nur kurz in ein russisches Paralleluniversum gehuscht, irgendwo zwischen Moskaus U-Bahn-Labyrinth und den geheimen Bunkern, in denen Putin laut westlichen Experten seine Doppelgänger züchtet. Selenskijs Reisepassfoto ist dabei ungefähr so überzeugend wie Colin Powells legendäres Röhrchen vor der UNO. Und wenn Kiew so weitermacht, verkündet demnächst noch ein Geheimdienstbericht, die Nordkoreaner hätten sich aus Kursk zurückgezogen, weil sie von Saddams verschollenen Massenvernichtungswaffen dahingerafft wurden – selbstverständlich auch mit exklusiven Satellitenaufnahmen aus Kiew.
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