Zufriedenheit mit Ausbildung nimmt ab
Von Yaro Allisat
Zuwenig Begleitung durch Ausbilder, regelmäßige Überstunden, Verstöße gegen Arbeitsgesetze und Unklarheit, ob der Betrieb einen nach der Ausbildung übernimmt: Das sind keineswegs Einzelfälle, wie der Ausbildungsreport 2024 der DGB Jugend Sachsen zeigt. Laut dem am 10. Januar vorgestellten Bericht ist die allgemeine Zufriedenheit mit der Ausbildung von 75 Prozent (2023) auf 71 Prozent gesunken. Das liegt auch an steigenden Wohnkosten und längeren Arbeitswegen. Aber wer nach Fachkräften rufe, dürfe die Ausbildung nicht vernachlässigen, kritisiert die Gewerkschaftsjugend. 30 Prozent der Ausbildungsverträge würden laut DGB Jugend wieder aufgelöst. Sie fordert unter anderem eine unbefristete Übernahme für alle, eine Erhöhung der Mindestausbildungsvergütung auf 775 Euro, Entlastung der Ausbilder und mehr Mitbestimmung im Betrieb.
Der Schwerpunkt der Analyse lag auf Ausbildungsmethoden und der Betreuung durch Ausbilder. Der 64-seitige Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass rund 94 Prozent der Azubis von einem Ausbilder betreut werden, den 13 Prozent jedoch »selten« bis »nie« zu Gesicht bekommen. Eine persönliche Rückmeldung trage »stark zur Ausbildungsqualität bei«, erklärte Eric Wilhelm, Vorsitzender der Jugend- und Auszubildendenvertretung des Landratsamts Sächsische Schweiz/Osterzgebirge in einer Mitteilung des DGB. Dafür brauche es neben der notwendigen Zeit auch ausreichend Ausbilderinnen und Ausbilder. Die Gewerkschaftsjugend fordert einen Betreuungsschlüssel von maximal einem Betreuer zu acht Auszubildenden. Außerdem müsse »die Ausbildung tatsächlich von dafür qualifizierten Ausbilderinnen und Ausbildern übernommen« werden.
Der Bericht führt auch Gesetzesverstöße der ausbildenden Betriebe auf, wie fehlende betriebliche Ausbildungspläne, ausbildungsfremde Tätigkeiten und unbezahlte Überstunden. Weiteres gängiges Problem: Zwei Drittel der befragten Auszubildenden wussten zum Zeitpunkt der Befragung nicht, ob sie nach der Ausbildung vom Betrieb übernommen werden.
Nur 26 Prozent der befragten Azubis erlernen laut Report ihren Wunschberuf und nur 44 Prozent einen für sie interessanten Beruf. Für die anderen war die Ausbildung entweder ungeplant oder eine »Notlösung«. Dabei ist der Anteil der männlichen Azubis, die ihrem Wunschberuf nachgehen können, höher als der der Frauen. Insgesamt seien die geschlechtsspezifischen Unterschiede jedoch klein, heißt es im Bericht. Damit bestätigt sich, dass die Benachteiligung von Frauen weniger auf geschlechtsspezifische Diskriminierung am Arbeitsplatz als vielmehr auf starke Qualitätsunterschiede in der Ausbildung in verschiedenen Branchen und »das geschlechtsspezifische Berufswahlverhalten insbesondere junger Frauen« zurückzuführen sind. Sie entscheiden sich oft mangels Alternative für schlechter bewertete Berufe, auch weil Betriebe die Auswahl ihrer Azubis häufig noch nach tradierten Rollenbildern treffen.
Gleichzeitig ist die Jugendarbeitslosigkeit in Sachsen auf 6,7 Prozent gestiegen. Das liegt vor allem daran, dass immer weniger Betriebe ihre Azubis später übernehmen. Laut DGB-Vizechefin Daniel Kolbe sei das »unklug«, man solle sich nicht von den wirtschaftlich schlechten Zeiten einschüchtern lassen.
SPD und Linke stellten sich hinter Analysen des Berichts. Die Linke forderte mehr Azubiwohnheime und einen Ausbau des ÖPNV auf dem Land – denn auch ein Azubiticket bringe wenig, wenn Busse gar nicht erst fahren. Die SPD forderte mehr bezahlbaren Wohnraum.
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