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Aus: Ausgabe vom 07.12.2024, Seite 8 / Ansichten

Reformator des Tages: Joachim Gauck

Von Felix Bartels
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Jeder Preis freut sich, wenn Gauck ihm verliehen wird

Jeder hat seinen Preis. Manche sogar mehrere. Und bei einigen reißt die Kette gar nicht ab. Die Martin-Luther-Stiftung etwa hat für angezeigt befunden, Joachim Gauck die Lutherrose an die Brust zu stecken. Der Preis verweist auf das von Luther selbst entworfene Siegel, das ein schwarzes Kreuz in einer weißen Rose andeutet. Das Kreuz verkörpert den Glauben an die Kreuzigung, die Rose die Farbe aller Engel – Demut und Freude als die zwei Quellen Lutherscher Theologie.

Gauck liest das, wie es ihm passt. Er fordert Demut von denen, die an der Welt keine Freude haben. Als Ideologe bleibt er von einzigem Wert. Schönredner des Schlechten gibt es viele. Er redet nicht das Schlechte schön, er redet schön vom Schlechten. Früh hatte er raus, dass es ein Bedürfnis nach Authentizität auch dort gibt, wo von Wahrheit keine Rede sein kann. Ehrlichkeit ohne Wahrheit nennt man Zynismus. Zum System aufgeblasen entsteht daraus neokonservatives Denken. So sprach der Exbuprä sich im Namen der Freiheit für Kriegseinsätze aus, empfahl »erweiterte Toleranz gegen rechts«, die er gegen links aber nicht an den Tag legt. Während der Hochphase von Occupy hieß es: »Ich habe in einem Land gelebt, in dem die Banken besetzt waren« (meint: der Allgemeinheit gehörten). Bei Zuwanderern dreht er den Freiheitsbegriff ebenfalls auf rechts: »Wir brauchen keine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme« (wer uns nichts kostet, darf kommen, wer bloß weg will aus Kriegsgebieten, bedroht unsere Freiheit). Und auch für die Armen gelten andere Regeln. Wer Sorgen mit erhöhten Energiekosten hat, solle »für die Freiheit frieren«.

Der ganze Mann – ein One-Trick-Pony. Seine Antwort auf praktisch jede gesellschaftliche Frage: Freiheit. Das kaum reflektierte Ideologem dient Gauck ebenso zur Begründung des Eigenen wie zur Abwehr des Anderen. Es ist ihm Rose und Kreuz in einem.

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  • Leserbrief von Peter Balluff aus Vöhl (7. Dezember 2024 um 15:03 Uhr)
    Wäre die sowjetische Armee 1945 bis zum Rhein durchmarschiert, es wäre uns vieles erspart geblieben.

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