Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 21.11.2024, Seite 12 / Thema
Vatikan

Bloß keine Priesterinnen

Die katholische Kirche hat ihre Synode beendet.Wer Reformen erwartet hatte, wurde enttäuscht
Von Gerhard Feldbauer
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»Weder für landlose Bauern noch für Arbeiter, weder für indigene Gemeinschaften noch für die Mehrheitsbevölkerungen in den Staaten Lateinamerikas« sei der Kapitalismus noch zu ertragen. Franziskus trifft Evo Morales (Santa Cruz, 9.6.2015)

An der dreijährigen Synode, die vom 2. bis zum 27. Oktober zu ihrer Abschlusstagung zusammentraf, nahmen 375 stimmberechtigte Mitglieder teil, davon 275 Bischöfe, 55 Priester und Ordensleute sowie 45 Laien. Erstmals in der Kirchengeschichte waren Frauen zugelassen. Neben den Mitgliedern waren acht Gäste und 75 Experten zugegen, die allerdings kein Stimmrecht hatten. 2021 hatte das Kirchenoberhaupt die Synode einberufen. Sie sollte die katholische Kirche dezentralisieren und mehr Teilnahme an ihren Entscheidungen ermöglichen. Das Wirken von Papst Franziskus und sein Einfluss auf die Beratungen der Synode können kurz so zusammengefasst werden: Dieser Pontifex tritt für Frieden und Völkerverständigung ein, er brach in vielen Fragen mit den reaktionären Traditionen seiner Vorgänger, hält aber am Zölibat fest und lehnt eine Frauendiakonie ab.

Als Franziskus 2013 zum Papst gewählt wurde, trat er an die Spitze einer katholischen Kirche, die sich in einer tiefen Krise befand, in die sie von ihren bis dato reaktionärsten Oberhäuptern gestürzt worden war – dem aus Polen stammenden Karol Wojtyła alias Johannes Paul II. und seinem Nachfolger, dem Deutschen Joseph Ratzinger alias Benedikt XVI. Jahr für Jahr traten Hunderttausende aus, allein 2012 waren es in Deutschland rund 118.000. In dieser Situation hatte der am 19. April 2005 zum Oberhaupt gewählte Joseph Ratzinger nach nur acht Jahren Amtszeit seinen Rücktritt angekündigt. Während Ratzinger gesundheitliche Probleme anführte, meinten viele Beobachter, dass selbst konservative Kardinäle, feste Anhänger Benedikts, den Papst zu diesem Schritt gedrängt hatten, damit die Krise aufgehalten werde.

Am 13. März 2013 wählte das Konklave dann den Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio, zum 266. Bischof von Rom und damit zum Oberhaupt der katholischen Kirche, das zugleich als Staatschef des Vatikans fungiert. Bei der Wahl des 76jährigen setzten die Kardinäle im Konklave offenbar auf dessen Image als Widerständler gegen soziale Unterdrückung. Zudem trat mit ihm der erste Amerikaner an die Spitze der Kirche, und italienische Wurzeln – der Vater war aus Italien eingewandert und bei der Eisenbahn beschäftigt – hatte er auch. So war er für die europäischen wahlberechtigten Kardinäle ein akzeptabler Kandidat. Bergoglio nahm als erster Papst der Kurie den Namen Franziskus an und wollte damit zeigen, dass er dem heiligen Franz von Assisi nacheifere. Hinzu kam, dass Bergoglio dem einflussreichen Jesuitenorden angehörte, der ihn 1969 zum Priester geweiht hatte. Diesem weltgrößten Männerbund, der offiziell »Gesellschaft Jesu« heißt, trat er im Jahr 1958 bei. Er gelobte damit, arm und keusch zu leben, und diente einem Orden, der vor allem in der Seelsorge, der Bildungsarbeit und der Entwicklungshilfe tätig ist. Nur vier Jahre später, mit 36 Jahren, ernannten ihn die Jesuiten zum Provinzial und damit führenden Kopf des Ordens in Argentinien. 1992 wurde er zum Bischof, 1997 zum Erzbischof von Buenos Aires und 2001 zum Kardinal befördert. Für die konservativen Kardinäle im Konklave dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass man Bergoglio vorgeworfen hatte, während der von 1976 bis 1983 dauernden Militärdiktatur in Argentinien gegenüber dem faschistischen Regime zurückhaltend agiert zu haben. Seine Anhänger indessen machten geltend, er habe damit »Leben gerettet«.

»Kardinal der Armen«

In Argentinien galt Bergoglio als »Kardinal der Armen«. Er besaß kein Auto, ging zu Fuß oder fuhr mit dem Bus durch Buenos Aires, wo er in einer bescheidenen Wohnung lebte. Doch er liebte die Oper und war leidenschaftlicher Anhänger von San Lorenzo, einem von einem Priester gegründeten argentinischen Erstligafußballverein. Am 13. April 2013, einen Monat nach seiner Wahl, gab Franziskus die Bildung einer Arbeitsgruppe mit acht Kardinälen aus fünf Kontinenten bekannt, die das »Projekt einer Kurienreform« studieren und ihm »bei der Regierung der Weltkirche behilflich« sein sollten. In einem Chirograph (päpstliche Mitteilung) vom 28. September 2013 präzisierte Franziskus die Arbeitsgruppe offiziell als »Kardinalsrat« und »ständiges Beratungsorgan«, mit dem er, wie der Vatikankenner Marco Politi schrieb, Voraussetzungen schaffen wollte, »das Modell einer absoluten Monarchie zu überwinden und der Kirche eine gemeinschaftliche Struktur zu geben, in der die Episkopate mitentscheiden können, welche Strategien die Kirche in der gegenwärtigen Epoche verfolgen soll und wie der Glaube in der heutigen Gesellschaft gelebt werden kann«. Vatikansprecher Federico Lombardi machte am 30. September 2013 Einwände geltend, die Gruppe sei »ein reines Beratergremium für den Papst und hat keine Entscheidungsbefugnis«.

Die Verkündung einer Reform, die die zwei Jahrtausende alten absolutistischen Herrschaftsstrukturen der Papstmonarchie und die Dogmen der katholischen Kirche in Frage stellen sollte, gab der geradezu euphorischen Welle für Franziskus weiteren Auftrieb. In der etwa 1,2 Milliarden Mitglieder zählenden Weltkirche sehen ihn viele als Reformer oder gar sozialen Revolutionär, der zu der tiefgehenden Wende zurückkehrt, die von Johannes XXIII. mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65) eingeleitet, aber von Franziskus’ Vorgängern, Johannes Paul II. und Benedikt XVI. rückgängig gemacht wurde.

Betrachten wir anhand der Fakten, welche Korrekturen Franziskus vorgenommen und ob er damit bereits Reformen eingeleitet hat. In den Blickpunkt geraten dabei seine Haltung gegenüber den Befreiungstheologen Lateinamerikas, seine Kritik an sozialen Auswüchsen des Kapitalismus, die Aufmerksamkeit, die er den Ärmsten und von diesem System ausgegrenzten und unterdrückten Menschen widmet. Er setzte progressive Zeichen in der großen Politik, so, wenn er vor den Gefahren eines dritten Weltkrieges warnte, den Staat Palästina anerkannte oder 2019 den verfemten russischen Präsidenten Wladimir Putin empfing, ohne den Anschluss der Krim zu verurteilen. Von kirchlichen Würdenträgern forderte er Bescheidenheit, legte sich mit der Mafia an und brach gegenüber Homosexualität oder Frauenpriestertum mit der üblichen Verdammung und mahnte statt dessen Barmherzigkeit und Mitleid an. Das und die ungezwungene Art, mit der er den Gläubigen gegenübertritt, hebt ihn in sympathischer Weise ab von seinen engstirnigen, offen reaktionären Vorgängern.

Am 23. Mai 2015 sprach Franziskus einen der führenden Befreiungstheologen Lateinamerikas selig, den 1980 von der faschistischen »Escuadrón de la muerte« ermordeten Erzbischof von San Salvador, Óscar Arnulfo Romero y Galdámez. Die 1990 von der Diözese von San Salvador eingeleitete Beatifikation war von Johannes Paul II. und desen damaligem Chef der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, ignoriert worden. Franziskus wollte sich absichern und ließ erklären, die Seligsprechung bedeutete keine Anerkennung der Befreiungstheologie, die ja von den Dogmen der katholischen Kirche abweicht, sondern eine Würdigung Romeros, der von den Todesschwadronen »aus Hass auf den Glauben« getötet worden sei. Das änderte – und so sahen es auch die kritischen Katholiken des Kontinents, die etwa die Hälfte der römisch-katholischen Weltgemeinde stellen – nichts an der Tatsache, dass der Papst einen Kirchenführer ehrte, der die Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMNL) unterstützt und offen verkündet hatte, dass es nicht gegen Gottes Gebot verstoße, sich »auch mit den Mitteln der Gewalt gegen Repression zur Wehr zu setzen«. Im Oktober 2018 folgte die Heiligsprechung Romeros. Ein Jahr später nahm Franziskus die gegen den Priester Ernesto Cardenal 1983 verhängten Verurteilungen zurück, nachdem dieser in der sandinistischen Regierung Nicaraguas das Ressort des Kulturministers übernommen hatte.

Zu Besuch bei Evo

Im Juli 2015 besuchte Franziskus in Bolivien den ersten indigenen Präsidenten Lateinamerikas, Evo Morales, der zudem Vorsitzender der sozialistischen Partei Movimiento al Socialismo (MAS) und Führer der Bewegung für die Rechte der Cocabauern war. Franziskus forderte »ein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung«. Das kapitalistische System sei »weder für landlose Bauern noch für Arbeiter, weder für indigene Gemeinschaften noch für die Mehrheitsbevölkerungen in den Staaten Lateinamerikas noch für die Erde selbst länger zu ertragen«. Die New York Times fragte, ob Franziskus etwa eine »soziale Revolution« unterstütze. Schließlich entschuldigte sich das Oberhaupt der katholischen Kirche sogar für »Straftaten, die während der sogenannten Eroberung von Amerika verübt wurden«, und bat »demütig um Vergebung«. Damit stehe er in »starkem Kontrast« zu seinem Vorgänger Benedikt XVI., vermerkte die Neue Zürcher Zeitung. Dieser hatte 2007 in Brasilien die barbarischen Verbrechen der Kolonisatoren geleugnet und behauptet, die Völker Südamerikas hätten ihre Missionierung »still herbeigesehnt«, ihre Bekehrung sei »ganz friedlich« verlaufen. Auch nach Massenprotesten hatte Benedikt sich nicht entschuldigt, lediglich bedauert, dass es bei der Kolonisierung zu Gewalttaten gekommen sei.

Im Juni 2018 empfing Franziskus den Präsidenten Boliviens im Vatikan. Morales war anlässlich der Kardinalsernennung des bolivianischen Bischofs Toribio Ticona Porco nach Rom gekommen. Nach der Begegnung mit Franziskus sagte Morales auf spanisch »Danke, Bruder Papst«, Franziskus entgegnete, ebenfalls auf spanisch, »Willkommen«, wonach sich beide umarmten, wie die Katholische Sonntagszeitung berichtete. Der Vatikan teilte nach der Begegnung mit, Themen der »herzlichen Gespräche« seien die guten gegenseitigen Beziehungen sowie eine »Aktualisierung der bilateralen Abkommen« gewesen. Morales überreichte dem Papst ein von bolivianischen Künstlern handgearbeitetes Schachbrett nebst Figuren aus Holz. Franziskus überreichte ein Medaillon, das einen Friedensengel zeigt, mit den Worten: »Das ist der Friedensengel, der den Kriegsteufel in Ketten legt. Es geht um Frieden zwischen den Ländern.« Dazu erhielt Morales Schriften des Papstes, darunter ein Dokument zum Weltfriedenstag, das Franziskus persönlich unterschrieben hatte. Am Ende verabschiedeten sich beide, wieder mit Umarmung.

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Auch weiterhin dürfen Frauen in der katholischen Kirche keine höheren Ämter bekleiden

Aktiv engagiert sich Franziskus für die Beendigung von kriegerischen Konflikten, warnt vor den Gefahren eines dritten Weltkrieges und ruft zu friedlichen Lösungen auf. Mit Blick auf die blutigen Kämpfe im Sudan und den Krieg in der Ukraine appellierte er am 23. Mai 2023 nach dem Mittagsgebet Regina Coeli vor mehr als 25.000 Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom, sich nicht an Konflikte und Gewalt zu gewöhnen, und rief die internationale Gemeinschaft auf, »keine Mühen zu scheuen, dem Dialog zum Durchbruch zu verhelfen und das Leid der Bevölkerung zu lindern«. Bei dieser Gelegenheit kritisierte er erneut den Einsatz von Waffen zur Lösung von Konflikten auf der Welt. »Mit Waffen erreicht man nie Sicherheit und Stabilität, im Gegenteil: Man zerstört jede Hoffnung auf Frieden.« Kurz zuvor hatte er zu den Gefechten zwischen Israelis und Palästinensern im Gazastreifen die Hoffnung geäußert, die Waffenruhe dort möge anhalten.

Im selben Zeitraum lag eine Audienz des Papstes für den ukrainischen Präsidenten Selenskij, bei der Differenzen zwischen der Haltung des Papstes und den Wünschen von Kiew deutlich wurden: Der Heilige Stuhl bot sich als Vermittler für einen möglichen Waffenstillstand an, was Selenskij unmissverständlich ablehnte. Und dabei blieb es nicht. Der ukrainische Präsident verstieg sich, den Papst öffentlich zu rüffeln: »Die Sache ist die, dass wir keine Vermittler brauchen zwischen der Ukraine und dem Aggressor, der unsere Gebiete besetzt hat, sondern einen Aktionsplan für einen gerechten Frieden in der Ukraine«, sagte Selenskij am Abend in der TV-Show »Porta a Porta« des Senders Rai 1. Darüber hinaus forderte er den Papst auf, sich dem sogenannten Friedensplan von Kiew anzuschließen, der eine Kapitulation Russlands als Vorbedingung für Gespräche nennt.

Mut zur weißen Fahne

Im März 2024 wurde Franziskus in einem Interview mit dem schweizerischen Sender RSI gefragt: »In der Ukraine gibt es diejenigen, die zum Mut der Kapitulation, zur weißen Fahne aufrufen. Doch andere sagen, dass das die Macht des Stärkeren legitimieren würde. Was sagen Sie dazu?« Franziskus’ Antwort: »Das ist eine Interpretation. Aber ich denke, dass derjenige stärker ist, der die Situation sieht, der an das Volk denkt, der den Mut zur weißen Fahne hat, den Mut zu verhandeln. Und heute kann man mit Hilfe der internationalen Mächte verhandeln. Das Wort ›verhandeln‹ ist ein mutiges Wort. Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass die Dinge nicht laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln.«

Auch im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza habe er über die Lage nachgedacht, sagte der Papst. »Verhandlung ist niemals Kapitulation. Es ist der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu führen.«

Während seiner jüngsten Asienreise im September warb Franziskus in Indonesien – mit 240 Millionen das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt, bei nur acht Millionen Katholiken – für einen engeren Dialog zwischen den Religionen. »Auf diese Weise können Vorurteile abgebaut werden und kann ein Klima gegenseitigen Respekts und Vertrauens entstehen, das für die Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen unabdingbar ist«, sagte der Papst bei einem Treffen mit Präsident Joko Widodo in der Hauptstadt Jakarta. Im Inselstaat Papua-Neuguinea, einer weiteren Station seiner Reise, kritisierte er, dass internationale Konzerne bei der Nutzung der Bodenschätze die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung – wie deren Verbesserung der Lebensbedingungen – nicht berücksichtigen.

Um Fragen der sozialen Gerechtigkeit ging es dem Papst auch bei einem Treffen am 20. September in einem Vatikangebäude im römischen Stadtteil Trastevere. Er nahm unter anderem Bezug auf die Phänomene Reichtum und Ausgrenzung und stellte sich hinter die zuletzt etwa von der Initiative »Tax the Rich« erhobene Forderung, »Superreiche höher zu besteuern«. Viele große Vermögen seien geerbt, andere das Ergebnis von Ausbeutung, Steuerhinterziehung oder auch blutiger Formen von Kriminalität. Franziskus warnte vor einem mit Reichtum gepaarten Hochmut, den er als Vorstufe der Gewalt darstellte. »Von oben auf andere herabschauen. Mit Gleichgültigkeit schauen. Mit Verachtung schauen. Mit Hass schauen. So wird Gewalt geboren. So entsteht das Schweigen der Gleichgültigkeit, welches das Brüllen des Hasses ermöglicht.« Die soziale Spaltung öffne den Weg zu verbaler Gewalt, diese zu physischer Gewalt, und am Ende stehe der Krieg jeder gegen jeden.

Mangelnder Wille

Die Synode ging mit der Annahme eines Schlussdokuments durch die zum Abschluss 355 stimmberechtigten Synodalen zu Ende, darunter erstmals auch Frauen. Kurz vor dessen Veröffentlichung erklärte der geistliche Leiter der Synode, Pater Timothy Radcliffe, die Synode strebe mit dem Dokument »eine tiefgreifende Erneuerung der Kirche« an, jedoch nicht »durch dramatische Entscheidungen«. Da das Dokument sich auf »mehr Teilhabe, mehr Dezentralisierung« beschränkt, Frauen aber weiterhin weder Priesterinnen noch Diakoninnen werden dürfen und auch die grundlegende Haltung der Kirche zur Homosexualität nicht verändert ist, kann von einer tiefgreifenden Erneuerung nun wirklich keine Rede sein. »Es ist offenbar kein ausreichender Wille da, die offene Diskriminierung zu beenden«, zeigte sich die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, enttäuscht. Frauen würden nach wie vor über »Mütterlichkeit und Warmherzigkeit« definiert, »aber für Fähigkeiten des Führens, des Entscheidens, der Bekleidung kirchlicher Weiheämter« kommen sie »nicht in Betracht«.

Das Schlussdokument wurde unterschiedlich interpretiert. Franziskus wollte einer Auseinandersetzung darüber wohl vorbeugen und teilte mit, er verzichte darauf, sich in einem – sonst üblichen – postsynodalen Schreiben, in dem er eigene Entscheidungen treffen konnte, zu äußern. Die Beschlüsse der Synode träten sofort in Kraft. Nachdem die Katholische Nachrichtenagentur betont hatte, das Schlussdokument bleibe »interpretationsoffen«, Entscheidungen jedoch »der Hierarchie reserviert«, in letzter Instanz dem Papst, differenzierte Franziskus seine vorherige Aussage. Es werde keine Entscheidungen auf Grundlage des Schlussdokuments geben. Offen ließ er allerdings, um welche genau es dabei gehe. Laut Domradio werde »die große Frage sein, ob und wie die katholische Kirche es schafft, diese Werte auch über die Synode hinaus in die Welt zu tragen«. Seit Beginn seines Pontifikats hatte Franziskus den Schwerpunkt darauf gelegt, Hoffnung zu säen unter Flüchtlingen, Migranten und Kriegsopfern. Zum Schlussdokument bekräftigte er: »Ich denke an diejenigen, die Opfer der Greueltaten des Krieges sind, an das Leid der Migranten, an den verborgenen Schmerz derer, die allein und in Armut leben, die von der Last des Lebens erdrückt werden, an diejenigen, die keine Tränen mehr haben, an diejenigen, die keine Stimme haben«, und betonte, dass hinter schönen Worten und überzeugenden Versprechungen oft Formen der Ausbeutung stehen. »Es ist eine schwere Sünde«, fügte er hinzu, »die Schwächsten auszubeuten, eine schwere Sünde, die die Brüderlichkeit zersetzt und die Gesellschaft zerstört.« Franziskus fordert eine »Kirche, die allen dient und Dienerin der Geringsten ist«. Und vergisst nicht, seinen Schäfchen die Hoffnung zu vermitteln, dass vieles sich dennoch ändern könne. Wenn der Sondersekretär der Weltsynode, Giacomo Costa, der wie Franziskus zu den Jesuiten gehört, erklärte, das »Thema Frauendiakonat ist nicht vom Tisch«, tut er das natürlich mit Billigung des Papstes. Es solle noch bis Mitte nächsten Jahres weiter diskutiert werden, und dazu könne jeder Katholik Überlegungen und Vorschläge bei zehn synodalen Studiengruppen einreichen, die sich mit dem Frauendiakonat und anderen kniffligen Fragen beschäftigen. Zur Bekräftigung dieses Anliegens soll Hildegard von Bingen mit einem eigenen Gedenktag bedacht werden, die Äbtissin und Gelehrte hatte im 12. Jahrhundert bereits öffentliche Predigten abgehalten, unter anderem im Kölner Dom.

Mit der Beförderung des philippinischen Priesters Erwin José Aserios Balagapo in die vatikanische Evangelisierungsbehörde, die ein gewichtiges Wort bei der Einbeziehung der Gläubigen zu sagen hat, scheint Papst Franziskus sich Rückhalt verschaffen zu wollen. Balagapo, vom Büroleiter zum »Untersekretär« des Dikasteriums aufgerückt, wird zu seinen Vertrauten gerechnet. Andererseits warnte Franziskus bei einem Besuch der römischen Jesuitenuniversität Gregoriana mit Blick auf Umstrukturierungen vor »Effizienzdenken ohne Vision«. Es gelte, den Horizont nicht aus dem Blick zu verlieren, andernfalls drohe eine Verweltlichung von Forschung und Lehre.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (21. November 2024 um 00:02 Uhr)
    Die vatikanische Nomenklatura oder wie die heisst, hat halt ihre Lektion aus der Geschichte gelernt: Priesterinnen oder Oraklerinnen bringen nur Unglück. »Wenn Franziskus Pristerinnen duldet, wird er ein großes Reich zerstören« oder so hat doch Pythia gesprochen und der Papst darf doch von Krösus lernen, nicht wahr?

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