Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
Gegründet 1947 Donnerstag, 5. Dezember 2024, Nr. 284
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2024

Abschied von der Meisterin

Von Mumia Abu-Jamal
Mumia_Logo.png

Ihr Name war Bariki Hall Shabazz, aber ich kannte sie als »Maestra«, meine Musiklehrerin. Ihre Gemeinde nannte sie »Sister Bariki« oder »Mama Bariki«. Sie war eine schwarze Frau, die, wie das alte Sprichwort sagt, wirklich »black on both sides« war – schwarz von der Haut bis in ihre Seele.

Sie lebte ihr Schwarzsein, indem sie schwarzen Organisationen beitrat und sie unterstützte. Sie war, wie sie selbst sagte, »einfache Soldatin« der inzwischen berühmten National Black Political Convention in Gary, Indiana. Sie unterstützte auch den Congress of African People, die Republic of New Afrika, den Black Radical Congress, die National Coalition of Blacks for Reparations in America (N’COBRA) und die jährliche Veranstaltung des Congressional Black Caucus.

Sie lebte ihr Schwarzsein, indem sie in der Kirche ihres Wohnorts sang und Orgel spielte und als Sopransolistin bei Mary Cardwell Dawson auftrat, die der Ortsgruppe der National Association of Negro Musicians in Pittsburgh angehörte. Sister Bariki liebte die Musik, und ihre künstlerische Arbeit auf der Bühne war eigentlich ihre Berufung. Als sie jedoch die Frage, ob diese Arbeit zur Befreiung unseres Volkes beitragen würde, verneinen musste, verließ sie die Bühne.

Bariki lebte ihr Schwarzsein, indem sie schwarze Menschen liebte. Im Oktober 2023 wurde sie für ihr langjähriges Engagement für die gemeinnützige US-Hilfsorganisation Functional Literacy Ministry of Haiti (FLM) geehrt. Die in Pittsburgh, Pennsylvania, ansässige FLM unterstützt die haitianische Bevölkerung mit Bildungs- und Ausbildungsangeboten, Alphabetisierung und Gesundheitsfürsorge.

Als Kind war Bariki viel bei ihren Großeltern, die ihr Geschichten aus ihrer Zeit als Sklaven auf der R.-J.-Reynolds-Tabakplantage in North Carolina erzählten. Schon früh lernte sie, was es bedeutet, als Schwarze in Amerika zu leben. Sie war eine Teenagerin, als die Welt von der brutalen Folterung und Ermordung von Emmett Till erfuhr, dem 14jährigen Jungen aus Chicago, der in Money, Mississippi, umgebracht wurde, weil er angeblich einer weißen Frau nachgepfiffen hatte. Diese Ereignisse machten Bariki zu einer Frau mit starkem Willen, Entschlossenheit und tiefem Mitgefühl für die Kämpfe der schwarzen Bevölkerung.

Ihre Freundin, die Anwältin Martha Conley, machte mich mit Bariki bekannt. Nach einem Gespräch, in dem ich bedauerte, keine Noten lesen zu können, bot sie mir ihre Dienste als Musiklehrerin an. So wurde Sister Bariki für die nächsten Jahre zu meiner musikalischen Maestra, die mir Lernmaterial, Noten und Notizzettel für Stimmübungen mit der Do-re-mi-Tonleiter mitbrachte. Sie brachte mir den Sinn der Musik näher. Deshalb stehe ich für immer in der Schuld meiner Lehrerin, meiner Maestra Sister Bariki.

Sister Bariki lebte ihr Schwarzsein, indem sie eine Familie von liebevollen, bewussten Schwarzen großzog, die mehrheitlich historische schwarze Colleges und Universitäten besuchten und dort ihren Abschluss machten. Sie wird liebevoll betrauert von ihren vier Kindern John R. Diggs, jr., Khadija Tamu Diggs, Malaika E. Hall und Dalili T. Hall sowie ihren drei Enkelinnen Kimaya Diggs, Makeda Diggs und Savita Diggs. Mit ihren eigenen Worten sagte Sister Bariki: »Wenn jemand an mich denkt, dann in dem Bewusstsein, dass ich seit langem eine engagierte einfache Soldatin in der Armee des Herrn bin.« Am 2. September 2024 begab sich Sister Bariki Hall Shabazz nach neunzig Sommern in den Armen ihrer Ahnen an einen Ort, an dem die Sterne zu himmlischer Musik aufspielen.

Übersetzung: Jürgen Heiser

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!