Jetzt bist du dran!
Gegründet 1947 Sa. / So., 05. / 6. Oktober 2024, Nr. 232
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
Jetzt bist du dran! Jetzt bist du dran!
Jetzt bist du dran!
Aus: Ausgabe vom 20.09.2024, Seite 8 / Ansichten

Kleiner Lord des Tages: Keir Starmer

Von Felix Bartels
2024-09--POLITICS-SPORTS.JPG
»Der Anzug«, demnächst verfilmt von Quentin Dupieux

Kleider machen Leute, weiß man in Seldwyla. Die Form bekanntlich ist wesentlich, Repräsentation selbst dort, wo sie kein Inneres ausdrückt, sondern als Kostümierung dagegen wirken soll, nie ganz zufällig. Das gilt für den Rest der Welt, und es gilt zumal für Politiker von Labour. Man sollte meinen, dass in einer Partei, die dem Namen nach der Arbeiterklasse verpflichtet ist, die Maxime eher »Leute machen Kleider« heißt, doch auch ein Keir Starmer scheint vor allem seinen Suit im Kopp zu haben.

Nun ist der britische Premier wegen seines Umgangs mit Spenden aufgefallen. Wie die Financial Times am Donnerstag berichtete, hat Starmer versäumt, 16.200 Pfund korrekt zu deklarieren. Die Spende sollte dem Anschaffen persönlicher Kleidung dienen. Gegeben wurde sie vom Medienunternehmer ­Waheed Alli und war zunächst unter der Kategorie »Sonstiges« als Unterstützung für Starmers Büro verbucht worden, nicht ausdrücklich als »persönliches Geschenk«, wie der Verhaltenskodex im Königreich das vorsieht. Halten wir das kurz fest: Wenn der Chef der Partei der arbeitenden Menschen sich von einem Millionär einkleiden lässt, ist das im Rahmen der Gepflogenheiten. Rechnet er das Geschenk als Gabe für seinen Stab ab, geht das zu weit. Weirdes Königreich.

Seit 2019 hat Starmer so viele Spenden eingesammelt wie kaum ein anderer im Unterhaus. Insgesamt 100.000 Pfund, darunter VIP-Logen-Tickets für Premier-League-Spiele und ein Taylor-Swift-Konzert. Aber wenigstens weiß er jetzt, was er dazu anziehen soll. Im Wahlkampf inszenierte Starmer sich als korruptionsfreier Saubermann, und es kursiert das Gerücht, dass sein Gehalt ausreiche, sich ein paar nicht bestoßene Anzüge zu kaufen. Jeremy Corbyn übrigens wäre das nicht passiert. Er ginge wohl eher nackt in den Palace of Westminster als eingekleidet vom Klassengegner.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Mehr aus: Ansichten