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Aus: Ausgabe vom 29.07.2024, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

»Zerfetzt Beirut!«

Israel: Regierung und Opposition fordern »Vergeltung« gegen Hisbollah. Keine Diskussion über Folgen einer Kriegsausweitung
Von Knut Mellenthin
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Im Mittelpunkt der Proteste gegen Premier Netanjahu steht weiter das Schicksal der Geiseln (Tel Aviv, 27.7.2024)

Nach dem Tod von zwölf Kindern und Jugendlichen beim Fehltreffer einer Rakete am Sonnabend sind sich alle jüdischen Parteien Israels einig, dass Hisbollah »einen hohen Preis zahlen« müsse. Die Möglichkeit, dass die hauptsächlich im Libanon aktive schiitische Kampforganisation mit dem Angriff nichts zu tun hatte, wie sie selbst eindeutig erklärt, wird nicht einmal in Betracht gezogen.

In welcher Form und welchem Umfang der »Gegenschlag« der israelischen Streitkräfte (IDF) erfolgen soll, blieb zunächst unklar. Das Sicherheitskabinett sollte am Sonntag nachmittag nach der vorzeitigen Rückkehr von Premierminister Benjamin Netanjahu aus den USA zusammentreten. Das Verteidigungsministerium hatte schon am späten Sonnabend mitgeteilt, dass führende Vertreter der IDF und der Geheimdienste Minister Joaw Gallant von der größten Regierungspartei Likud über Optionen für das militärische Vorgehen gegen Hisbollah informiert hätten. Gallant habe die Aktionsrichtung festgelegt und dem Verteidigungsapparat entsprechende Anweisungen erteilt.

Netanjahu habe noch vor seinem Rückflug »klargemacht, dass Hisbollah für den mörderischen Angriff einen schweren Preis zahlen muss, wie es ihn bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezahlt hat«, hieß es aus dem Büro des Regierungschefs. Finanzminister Bezalel Smotrich von der extrem rechten religiös-zionistischen Partei Tkuma twitterte, dass Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah »für den Tod der kleinen Kinder mit seinem Kopf bezahlen« müsse. Es sei »Zeit zum Handeln«, und »Libanon als Ganzes soll den Preis bezahlen.« Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir von der zweiten extrem rechten Partei in der Regierungskoalition, Otzma Jehudit, nutzte den Moment für eine politische Abrechnung mit Netanjahu: Seit dem 8. Oktober habe er gesagt, »dass wir uns im Norden im Kriegszustand befinden und dass der Feind geschlagen werden muss«. Aber die entscheidenden Politiker hätten »es vermieden zuzugeben, dass wir seit zehn Monaten im Kampf gegen Hisbollah stehen«. Kultur- und Sportminister Miki Zohar (Likud) forderte, »dass Israel mit dem Hinauszögern aufhört und der Hisbollah einen tödlichen Schlag versetzt«. »Je länger wir den Feldzug aufschieben, desto schmerzhafter wird der Preis, den wir zahlen.«

Der parlamentarische Oppositionsführer Jair Lapid von der liberal-zentristischen Partei Jesch Atid warf dem Premierminister vor, er scheue die Verantwortung, was sich auch darin zeige, dass er nicht sofort nach Bekanntwerden des Raketentreffers seine Rückkehr nach Israel beschlossen habe. Die Regierung müsse »aufhören, den Norden in Stich zu lassen«. Diese Bemerkung bezieht sich darauf, dass wegen des fast täglichen Beschusses aus dem Libanon bis zu 80.000 Bewohner Nordisraels evakuiert sind.

Lapid führt zwar die stärkste Oppositionspartei in der Knesset, aber der wirkliche Oppositionsführer ist nach allen Umfrageergebnissen der frühere Generalstabschef und Verteidigungsminister Benjamin Gantz. Auch er befürwortet eine Kriegsausweitung und versprach auf der Internetplattform X »breite Unterstützung von außerhalb der Regierung für jede entschiedene und wirkungsvolle Antwort, die die Sicherheit der Bürger des Nordens wiederherstellt«. Der Abgeordnete Michel Buskila von der Oppositionspartei Neue Hoffnung – Nationale Rechte rief dazu auf, »Beirut zu zerfetzen«. Avigdor Liebermann, der Chef der in Religionsfragen liberalen, aber gegenüber den Palästinensern ultranationalistischen Partei Jisrael Beitenu, forderte, dass Nasrallah »den Preis für seine Handlungen bezahlen« müsse. Etwas vorsichtiger drückte sich die ehemalige Vorsitzende der sozialdemokratischen Arbeitspartei, Merav Michaeli, aus: »Wer immer diese Raketen abgeschossen hat, muss einen schweren Preis zahlen.« Als einzige Politikerin ließ sie später durch ihr Büro einschränken, dass eine »kalkulierte Antwort« nötig sei, »die nicht zu einer Eskalation führt«.

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