Wedekind, Hohmann, Heiduczek
Von Jegor JublimovEigentlich ist er noch immer ein moderner Autor, weil er in vielem (besonders in Moralvorstellungen) seiner Zeit voraus war. Am 24. Juli vor 160 Jahren wurde Frank Wedekind in Hannover geboren und starb in München 1918 nach einer Blinddarmoperation. Er hat mit zahlreichen Frauen eine Vielzahl von Kindern und Enkeln, darunter die Töchter Kadidja und Pamela und deren Kinder Anatol und Carola Regnier.
Berühmt ist Wedekind als Dramatiker und zu Unrecht vergessen als Autor satirischer Gedichte, die er zu eigenen Melodien in den damaligen Münchner Kabaretts, den Brettl-Bühnen, vortrug. In seinen Stücken beschäftigte er sich überwiegend mit Themen, die das im deutschen Kaiserreich mit Tabus behaftete Gebiet der Sexualität behandelten, darunter »Frühlings Erwachen« über die Sexualnot unaufgeklärter Jugendlicher, oder »Erdgeist« und »Die Büchse der Pandora«, beide zusammengefasst als »Lulu«, über die Triebgebundenheit des Menschen in Filmen zwischen 1917 und 2006 mit Erna Morena, Asta Nielsen, Louise Brooks, Nadja Tiller, Anne Bennent und Jessica Schwarz sowie als Oper von Alban Berg. Auch als Cabaretautor ist Wedekind noch immer gegenwärtig in Chansons wie »Ich hab’ meine Tante geschlachtet« oder »Ich war ein Kind von fünfzehn Jahren«.
Am Montag war der 80. Geburtstag von Lew Hohmann, der im Riesengebirge geboren und in der DDR Maschinenbauer wurde. Danach studierte er in Babelsberg Regie. Er verband gern musikalische mit historischen Themen von den Thomanern bis zur Gruppe Pankow und hat einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner Arbeit in die Beschäftigung mit der Familie Wolf gesteckt. In einer zwischen 1985 und 1998 entstandenen Trilogie porträtierte er Friedrich Wolf und seine Söhne Konrad und Markus. Seinen jüngsten Film widmete er 2023 dem linken Liedermacher Wenzel.
Ebenfalls aus Schlesien stammt der Schriftsteller Werner Heiduczek, der am Sonntag vor fünf Jahren bei Leipzig starb. Von ihm ist kaum bekannt, dass der ursprünglich verblendete jugendliche Kriegsfreiwillige in der SBZ Neulehrer werden konnte und nach einem Pädagogikstudium für die Akademie der Wissenschaften den Nachlass von Friedrich Wolf aufarbeitete. Sein literarischer Durchbruch war der Roman »Abschied von den Engeln« über eine Familie, die 1960 in beiden deutschen Republiken lebt, und für den er 1969 den Heinrich-Mann-Preis erhielt. Zuvor hatte schon seine Erzählung »Matthes und der Bürgermeister« viele Leser gefunden und wurde auch im DFF mit Arno Wyzniewski auf den Bildschirm gebracht. Nachdem mehrere seiner Kinderbücher im Defa-Animationsfilmstudio von Christl Wiemer verfilmt wurden, brachte Heiner Carow 1992 Heiduczeks Erzählung »Verfehlung« mit Angelica Domröse, Gottfried John und Dirk Kummer auf die Leinwand. Seine autobiographische skeptische Lebensbilanz »Tod am Meer« von 1977 harrt noch einer filmischen Umsetzung.
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