Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Gegründet 1947 Montag, 17. Juni 2024, Nr. 138
Die junge Welt wird von 2788 GenossInnen herausgegeben
Jetzt zwei Wochen gratis testen. Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Jetzt zwei Wochen gratis testen.
Aus: Ausgabe vom 25.05.2024, Seite 6 / Ausland
Südostasien

Am seidenen Faden

Thailand: Premierminister vor möglicher Suspendierung. Gericht gibt zwei Wochen Zeit für Verteidigung
Von Thomas Berger
ITICS.JPG
Noch nicht lange im Amt, könnte er es schon bald wieder verlieren: Thailands Premier Srettha (Koh Samui, 7.4.2024)

Nach der schwierigen Regierungsbildung im Anschluss an die Wahlen vor einem Jahr ist Premierminister Srettha Thavisin von der liberalen Pheu-Thai-Partei (PT) erst seit neun Monaten im Amt. Wird er es bereits in wenigen Wochen verlieren? Die Frage steht ernsthaft im Raum, seit das Verfassungsgericht am Mittwoch eine Klage von 40 Mitgliedern des Senats zur Behandlung angenommen hat, ihn unter dem Vorwurf des Verstoßes gegen Ethikregeln abzusetzen. Dabei geht es um die jüngste Kabinettsumbildung. Bei ihr war der vorbestrafte Anwalt Phichit Chuenban zum Minister im Büro des Regierungschefs ernannt worden. Das Gericht gab Srettha 15 Tage Zeit, sich gegen die erhobenen Vorwürfe zu verteidigen. Haarscharf entging der Premier einer sofortigen Suspendierung: Eine knappe Mehrheit von fünf der neun Verfassungsrichter sprach sich dagegen aus.

Dennoch, so scheint es, hängt sein politisches Überleben am seidenen Faden. Denn für die Klagezulassung hatten sechs Richter votiert. Eine Möglichkeit wäre auch gewesen, die Sache einfach ad acta zu legen. Schließlich hat Minister Phichit seinen Posten mittlerweile selbst wieder aufgegeben. Auch wurde ein ergänzendes Gerichtsverfahren gegen ihn abgelehnt.

Um zu verstehen, worum es im Kern geht, muss man ein wenig in die jüngere Geschichte Thailands zurückgehen. Und wieder einmal taucht dabei der Name des früheren Regierungschefs und Geschäftsmannes Thaksin Shinawatra auf, an dem sich bis heute die thailändische Gesellschaft entzweit. Er war erst voriges Jahr nach längerem Exil heimgekehrt. Eine achtjährige Haftstrafe, der er sich seinerzeit entzogen hatte, war vom König bereits im September auf ein Jahr herabgesetzt worden, und nach sechs Monaten im Polizeikrankenhaus wurde der gesundheitlich angeschlagene 74jährige Milliardär, der noch immer als graue Eminenz der PT gilt, im Februar nach Hause entlassen.

Im Zuge eines Gerichtsverfahrens gegen Thaksin und seine Exfrau Khun Ying Potjaman Pombejra im Jahr 2008 um einen zwielichtigen Immobiliendeal hatte Thaksins damaliger Anwalt Phichit versucht, Mitarbeitenden des Supreme Court in einer Essensbox zwei Millionen Baht (heutiger Wert: gut 50.000 Euro) zu übergeben. Phichit und zwei seiner Kollegen wurden für den aufgeflogenen Bestechungsversuch zu sechs Monaten Haft verurteilt. Dass der Jurist als Berater für Premier Srettha tätig war, mochte aus Sicht eingefleischter Thaksin-Gegner noch hinnehmbar sein. Gegen seine Ernennung zum Minister hatte aber die Gruppe von 40 erzkonservativen Senatoren Klage eingereicht. Sie sieht damit die Ethikregeln der 2017, drei Jahre nach dem jüngsten Putsch, in Kraft gesetzten Verfassung verletzt.

Die Tatsache, dass die Richter sogar nach dem Rücktritt Phichits ein Verfahren gegen Srettha eröffnet haben, wertet die Tageszeitung Bangkok Post als negatives Signal für die thailändische Demokratie. Seit 2001 seien gewählte Regierungschefs immer wieder vorzeitig aus dem Amt befördert worden. Während 2006 und 2014 Putsche dafür verantwortlich waren, sorgte in den anderen Fällen das höchste Gericht letzten Endes für die Absetzungen, vorbereitet durch Wahlkommission oder Antikorruptionskommission. Nicht vergessen werden darf auch, dass Srettha als heutiger Premier sozusagen nur in zweiter Instanz zum Zuge kam. Denn dass der eigentliche Wahlsieger von 2023, Pita Limjaroenrat von der linksliberalen Fortschrittspartei, unter Einschluss der zweitplazierten PT in einer Koalition Regierungschef wurde, scheiterte am Widerstand des erzkonservativen Senats.

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.

Ähnliche:

  • Nicht so rot wie die Gewandung: Anhänger der Partei Pheu Thai in...
    23.08.2023

    Machtdeal in Bangkok

    Thailand: Drei Monate nach den Wahlen neuer Premier. Regierungskoalition mit Putschistenparteien

Regio: