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Aus: Ausgabe vom 25.05.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
IStGH und IGH

Internationale Gerichtsbarkeit für Palästina

Schritt für Schritt: Die Anerkennung als Staat würde die Verfolgung israelischer Kriegsverbrechen erleichtern
Von Wiebke Diehl
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Wrack eines palästinensischen Krankenwagens in Gaza-Stadt (Februar 2024)

Im Jahr 2015 forderte die palästinensische Regierung die damalige Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Fatou Bensouda, auf, im Gazakrieg von 2014 begangene israelische Kriegsverbrechen zu untersuchen. Doch erst sechs Jahre später sollte das Gericht seine Zuständigkeit für den israelisch-palästinensischen Konflikt feststellen, obwohl schon zwei Jahre zuvor, im Dezember 2019, Bensouda erklärt hatte, Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen sowohl gegen Israel als auch gegen die Hamas seien gerechtfertigt. Erst nach umfangreichen Beratungen der Vorverfahrenskammer fiel im Jahr 2021 die Entscheidung, Palästina als klageberechtigt einzustufen. Denn obwohl rund 140 UN-Mitgliedstaaten den Staat anerkannt haben, wussten die USA und ihre europäischen Verbündeten einen entsprechenden Beschluss der UNO bislang zu verhindern. Letztlich entschied sich die Kammer, die konkrete Frage nach der Staatlichkeit Palästinas auszusparen. Wegen dessen erfolgreicher Ratifizierung des IStGH-Statuts sei es aber in den Kreis der Vertragsstaaten aufgenommen und in diesem Kontext wie ein Staat zu behandeln.

Weit länger als der Internationale Strafgerichtshof befasst sich schon der Internationale Gerichtshof (IGH), das Hauptrechtssprechungsorgan der Vereinten Nationen, mit der Lage in den besetzten palästinensischen Gebieten. Er verfügt über Zuständigkeit bei Streitigkeiten zwischen Staaten. Zugang haben nur Vertragsstaaten – gemäß Artikel 93, Absatz 1 der UN-Charta alle UN-Mitgliedstaaten und solche, die zwar kein UN-Mitglied sind, aber das Statut ratifiziert haben. Unterorganisationen der Vereinten Nationen können mit jeweiliger Ermächtigung durch die Generalversammlung beim IGH Rechtsgutachten anfordern. Dies steht auch dem UN-Sicherheitsrat und der Generalversammlung selbst zu.

Ende Februar wurden vor dem IGH die Anhörungen in einem lange vor dem 7. Oktober initiierten Verfahren beendet, in dem über die Rechtmäßigkeit der israelischen Besatzungspolitik und den Vorwurf der Apartheid befunden werden soll. Eingeleitet wurde das Verfahren durch eine Resolution der UN-Generalversammlung aus dem Dezember 2022. 49 Mitgliedstaaten, Palästina und drei internationale Organisationen haben laut Pressemitteilung des IGH im Laufe des Verfahrens Stellungnahmen abgegeben. Das noch zu erstellende Rechtsgutachten wäre allerdings rechtlich nicht bindend. Bereits 2003 war das Gericht mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens zur israelischen Trennmauer, durch deren Verlauf relevante Teile palästinensischen Landes beschlagnahmt bzw. annektiert wurden, beauftragt worden. Es kam im Jahr 2002 zu dem Schluss, die Mauer verstoße gegen das Völkerrecht. Israel müsse sie abreißen und für die verursachten Schäden aufkommen. Ein Urteil, das Israel ignorierte.

Auch die Völkermordklage Südafrikas gegen Israel spielt sich vor dem IGH ab. Im Hauptverfahren wird ein Urteil erst nach Jahren erwartet. In seinem Entscheid über einen ebenfalls von Südafrika eingereichten Eilantrag kam das Gericht der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand zwar nicht nach. Es verlangte aber Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, die von Israel nicht beachtet werden. Mit seiner Entscheidung, die Klage Südafrikas nicht abzuweisen, sondern vielmehr für »plausibel« zu erklären, machte der Gerichtshof deutlich, dass er die Gefahr eines Völkermords in Gaza als gegeben sieht. Ebenfalls vor dem IGH hat Nicaragua Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord verklagt.

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