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Aus: Ausgabe vom 21.05.2024, Seite 1 / Titel
Free Assange!

Chance für Assange

Erfolg für Pressefreiheit: Londoner High Court erlaubt Wikileaks-Gründer Berufung gegen Auslieferung in die USA einzulegen
Von Anja Larsson und John Brown
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Einen Moment aufatmen: Stella Assange (M.) mit Wikileaks-Chef Kristinn Hrafnsson (l.) und der Sprecher der Enthüllungsplattform Joseph Farrell (London, 20.5.2024)

Julian Assange darf seine drohende Auslieferung in die USA juristisch anfechten. Zwei Richter des britischen High Court – Victoria Sharp und Jeremy Johnson – trafen am Montag kurz nach 12 Uhr Londoner Zeit die richtungsweisende Entscheidung, die teilweise zugunsten des Wikileaks-Gründers ausfällt. Bis Ende der Woche können nun Verteidigung wie Anklage die Falldarstellung für eine Berufungsverhandlung vor dem Obersten Gerichtshof einreichen. Stella Assange, Anwältin und Ehefrau des inhaftierten Journalisten, wiederholte vor dem Gerichtsgebäude ihre Forderung an US-Präsident Joseph Biden: »Lassen Sie nicht zu, dass dies noch länger andauert.« Es sei »der richtige Zeitpunkt für die Regierung Biden, die Sache fallenzulassen«.

Beide Richter des Londoner High Court bewerteten die Garantien der USA, für Assange werde im Falle einer Auslieferung an die USA Schutz nach dem Presse- und Meinungsfreiheit garantierenden Verfassungsartikel zukommen, am Montag als unzureichend. Allerdings bewertete die Kammer die Zusicherungen der US-Botschaft, Assange werde bei einer Verurteilung keine Todesstrafe drohen, offenbar als genügend; diesbezügliche Bedenken wies das Gericht zurück. Die Anwälte des seit fünf Jahren im Hochsicherheitsknast Belmarsh inhaftierten Assange hatten mit Verweis auf ein Rechtsgutachten zu Aussagen von US-Chefankläger Gordon Kromberg argumentiert, ein ausländischer Staatsbürger besitze in den USA keine Rechte nach dem Meinungs- und Pressefreiheit garantierenden Ersten Verfassungszusatz, »zumindest in bezug auf Fälle der nationalen Sicherheit«. Assange könne daher aufgrund seiner Staatsangehörigkeit diskriminiert werden, und im Falle einer Verurteilung könne die Todesstrafe gegen ihn verhängt werden.

Kromberg, auf dessen Analyse sich die Staatsanwaltschaft während des gesamten Falles stützte, erklärte immer wieder, die USA könnten bei jeder Anfechtung des Ersten Verfassungszusatzes vorbringen, ausländische Staatsangehörige hätten keinen Anspruch auf Schutz, seien »Informationen zur nationalen Verteidigung« betroffen. Weil Assange die australische Staatsangehörigkeit habe und die USA ihm Straftaten im Ausland vorwerfen, bleibe »das reale Risiko« bestehen. Der Vertreter des britischen Innenministeriums, Ben Watson, hatte am Montag lediglich eine kurze Erklärung abgegeben, die forderte, die Richter sollten den Antrag des Wikileaks-Gründers ablehnen.

Julian Assange wird in den USA wegen der Veröffentlichung von rund 700.000 vertraulichen Dokumenten über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA wegen Spionage in 17 Fällen angeklagt. Assanges Enthüllungsplattform Wikileaks verbreitete Informationen über Kriege vor allem im Irak und in Afghanistan, bewiesen unter anderem die Tötung von Zivilisten und Journalisten durch US-Armeeangehörige, sowie Misshandlung von Gefangenen. Assange drohen bei einer Verurteilung in den USA bis zu 175 Jahre Haft. Nach einer Gerichtsentscheidung hatte die ehemalige britische Innenministerin Priti Patel das Auslieferungsersuchen der USA im Juni 2022 genehmigt und bewilligt. Die Anklage soll aber einen Journalisten, der nicht vor den Herrschenden und der Veröffentlichung ihrer Kriegs- und Korruptionsverbrechen zurückschreckt, mundtot machen – und künftig alle anderen von ähnlichen Vorhaben abhalten.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (21. Mai 2024 um 13:23 Uhr)
    Leider kann sich die Regierung der Bundesrepublik nicht mit der Unterstützung von Julian Assange oder Mumia Abu-Jamal beschäftigen. Sie ist viel zu beschäftigt damit, die Demokratie im eigenen Land und in mehr als einem Dutzend missliebiger Staaten zu verteidigen. Wie soll sie sich da noch um Rede-, Presse- und Meinungsfreiheit beispielsweise in Großbritannien oder den USA kümmern?

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