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Aus: Ausgabe vom 16.05.2024, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Vertreibung geht weiter

Nakba-Tag von Greueln des Gazakriegs und anhaltender Gewalt in Westbank geprägt. Große Demonstration in Ramallah
Von Karin Leukefeld
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Tausende gingen am Mittwoch in Ramallah auf die Straßen, um an die Katastrophe der Vertreibung zu erinnern

Der 76. Jahrestag der Nakba ist am Mittwoch vor dem Hintergrund einer verzweifelten Situation in Gaza und anhaltender Gewalt der israelischen Besatzer auch in den übrigen palästinensischen Gebieten begangen worden. 76 Sekunden lang ertönten am Mittwoch die Sirenen im Westjordanland, um an die 76 Jahre der Vertreibung zu erinnern. Danach herrschte Stille. Die Menschen verharrten im Gedenken und hoben die Hand mit dem Victoryzeichen. Sain Basrawi, Reporter für Al-Dschasira in Ramallah, sprach von einem »klaren Zeichen dafür, dass es Frieden nur mit einem Sieg geben kann und dass nur der Sieg den Frieden bringen wird«.

Tausende hatten sich in Ramallah versammelt, um an dem jährlichen Gedenkmarsch teilzunehmen, mit dem an die Katastrophe (arabisch Nakba) der gewaltsamen Vertreibung von rund 760.000 Palästinensern 1948 erinnert wird. Überall im Westjordanland fanden ähnliche Gedenkmärsche statt, die Menschen trugen stolz die Kufija, den schwarz- oder rot-weiß-karierten Schal, der im Laufe der Jahrzehnte ein Markenzeichen für die Palästinenser und ihren Widerstand gegen die israelische Besatzung geworden ist. Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA berichtete, dass bei einem Protestmarsch bei Al-Bira ein junger Mann getötet worden sei, als die Besatzer das Feuer auf den Zug eröffneten. Der 20jährige Aiser Mohammed Safi sei Student an der Birzeit-Universität in Ramallah gewesen.

Seit dem jüngsten israelischen Krieg gegen Gaza haben auch die Angriffe im Westjordanland einen erneuten Höchststand erreicht. Die Menschen, die laut internationalem Recht von der Besatzungsmacht Israel geschützt und unterstützt werden sollten, werden verfolgt, vertrieben, festgenommen oder getötet. Mindestens 499 Palästinenser wurden seit dem 7. Oktober von israelischen Soldaten oder Siedlern getötet, so das palästinensische Gesundheitsministerium in Ramallah. Im gleichen Zeitraum starben mindestens 20 israelische Soldaten im Westjordanland. Das Gebiet war 1967 von Israel besetzt worden. Heute leben dort nach offiziellen Angaben mehr als 500.000 Israelis in Siedlungen, die nach internationalem Recht illegal sind.

Das Sirenengeheul im Westjordanland wurde am Mittwoch morgen begleitet von einigen Raketen, die aus dem Gazastreifen in Richtung der Stadt Sderot im Süden Israels gefeuert wurden. Die israelische Armee berichtete von Sachschaden. Auch aus dem südlichen Libanon wurden am Nakba-Tag Dutzende Raketen von der Hisbollah auf die israelische Militärbasis Meron, die Biranit-Kasernen im Norden von Israel und eine Radaranlage auf den von Israel besetzten Schebaa-Höfen abgefeuert. Die Angriffe seien die Antwort auf die Ermordung des Hisbollah-Kommandeurs Hussein Ibrahim Makki, der am Mittwoch morgen bei Tyros im Süden des Libanon in seinem Auto getötet worden war, teilte die Hisbollah mit.

Der Krieg gegen Gaza ging auch am Nakba-Tag in unverminderter Grausamkeit weiter. Knapp eine halbe Million Menschen ist mittlerweile durch israelische Angriffe aus der ursprünglich zu einem sicheren Ort erklärten Stadt Rafah vertrieben worden. Die Zahl der getöteten Palästinenser ist auf über 35.200 gestiegen. Allein von Montag zu Dienstag wurden 82 Tote gemeldet. Die Flüchtlingslager Nuseirat und Dschabalija wurden von Israel erneut angegriffen, obwohl in Dschabalija drei Gebiete als sogenannte Evakuierungszonen ausgewiesen worden waren. Ein indischer Sicherheitsoffizier der UN-Vertretung in Rafah wurde bei einem israelischen Luftangriff auf sein Fahrzeug getötet, ein Beifahrer verletzt. Der Wagen war unterwegs zu einem Krankenhaus und deutlich als UN-Fahrzeug gekennzeichnet. Am Hauptquartier des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) wurde nach Angaben von dessen Leiter Philippe Lazzarini erneut von israelischen Extremisten Feuer gelegt. Dass Israel für seine anhaltenden Verletzungen des internationalen Rechts nicht zur Rechenschaft gezogen werde, sei nicht nur eine Gefahr für die Palästinenser, sondern für die gesamte Weltordnung, sagte der palästinensische Menschenrechtsanwalt Ammar Dweik am Mittwoch im katarischen Nachrichtensender Al-Dschasira.

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