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Aus: Ausgabe vom 16.05.2024, Seite 1 / Titel
Zeitenwende

Killer auf Jungfernflug

Ersteinsatz der »German Heron TP« über Schleswig-Holstein. Union fordert ganze »Drohnenarmee«
Von Jakob Reimann
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Nach jahrelangem Streit fliegt die Drohne über Deutschland: Die »German Heron TP« am Mittwoch über Jagel

Erstmals auch über Deutschland: Am Mittwoch hat eine Kampfdrohne »German Heron TP« vom Fliegerhorst Jagel in Schleswig-Holstein aus ihre ersten Runden gedreht. Die von Israel geleasten unbemannten Fluggeräte werden nun im Rahmen einer sechsmonatigen Testphase »am allgemeinen Luftverkehr« über Norddeutschland teilnehmen, heißt es auf den Webseiten der Bundeswehr. Danach seien »auch grenzübergreifende Flüge geplant«. »Ein bedeutender Moment für uns!« kommentiert die Luftwaffe auf X rührselig den ersten Flug der »Heron TP«. Zunächst waren fünf Drohnen von Israel geleast worden, die sich zu Trainingszwecken jedoch weiter auf einem Luftwaffenstützpunkt nahe Tel Aviv befanden. Die »German Heron TP« dient als Übergangslösung bis zur 2030 geplanten Einführung der »Eurodrohne«. Anfang Mai erhielten die Kampfdrohnen ihre Flugzulassung, diese habe »weltweite Gültigkeit«, betont die Bundeswehr.

Der Jungfernflug markiert das vorläufige Ende eines über ein Jahrzehnt währenden Streits zwischen den verschiedenen Regierungskoalitionen in der BRD. Schon 2012 hatte sich der damalige CDU-Verteidigungsminister Thomas de Maizière für Beschaffung und Einsatz von Kampfdrohnen eingesetzt, während die SPD noch über Jahre hinweg bremste. 2017 erfolgte die Entscheidung, die »Heron TP« für Aufklärungszwecke aus Israel zu leasen. Vier Jahre später wurde dann die Bewaffnung durchgewinkt. Doch die Union zeigt sich noch nicht zufrieden mit der Durchsetzung ihrer Position und fordert in einem Antrag, der diesen Donnerstag abend erstmals im Bundestag debattiert wird, den »Aufbau einer Drohnenarmee«. Dabei soll sich »an den Erfahrungen der ukrainischen Streitkräfte orientiert« und die Bedienung von Drohnen Teil der Grundausbildung werden.

Bereits bei den gescheiterten Einsätzen in Afghanistan und Mali setzte die Bundeswehr den unbewaffneten Vorgänger »Heron 1« zur Luftraumüberwachung ein. In Mali blieb die Drohne zuletzt jedoch im Hangar. Bereits bevor die dortige Putschregierung alle westlichen Truppen aus dem Land warf, hatte Bamako der Bundeswehr über Monate hinweg die Fluggenehmigung verweigert. Der »Heron«-Einsatz wurde im Juli vergangenen Jahres beendet, um die Drohnen an die »NATO-Ostflanke« zu verlegen, wie Spiegel online damals berichtete. Das reine Fotosschießen ist nun vorbei, und so freut man sich im Bendlerblock, dass der Nachfolger »Heron TP« auch ganz andere Ziele ins Visier nehmen kann. »Wir sind stolz darauf, an der Spitze dieser Innovation zu stehen, und freuen uns auf die zukünftigen Möglichkeiten, die der Heron TP bietet«, zitierte der Tagesspiegel den Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Ger­hartz.

Neben der Aufklärung sei »die Hauptaufgabe« der neuen Drohnen, »die Unterstützung von Soldatinnen und Soldaten«, heißt es bei der Bundeswehr lediglich; Konvois begleiten und vor Piraten warnen könne sie. Kein Wort darüber, dass eine wesentliche Aufgabe von Kampfdrohnen das Töten von Menschen ist. »Extralegale Tötungen – auch durch Drohnen – lehnen wir ab«, mit diesen Worten seien die Rahmenbedingungen schließlich schon im Koalitionsvertrag der Ampel festgelegt worden. Zwei einsatzbereite Kampfdrohnen stellte die Bundeswehr im vergangenen Oktober den israelischen Streitkräften für den Krieg gegen die Zivilbevölkerung in Gaza zur Verfügung. Die »German Heron TP«, die nun über Deutschland fliegt, hat ihren tödlichen Auftrag in Gaza bereits erfüllt.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (16. Mai 2024 um 11:07 Uhr)
    Drohnen spielen heutzutage eine Schlüsselrolle in modernen Kriegen, doch Deutschland hinkte zuletzt bei ihrer Beschaffung hinterher. Nun hat die Luftwaffe erstmals einige Exemplare in ihren Dienst gestellt. Aus militärischer Sicht stammt die »German Heron TP« Kampfdrohnen-Technologie noch aus dem letzten Jahrhundert, was sie im Vergleich zu modernen Varianten schwerfällig und kostspielig macht. Dennoch markiert die Beschaffung für die deutsche Luftwaffe einen Meilenstein, da sie damit den Eintritt in das Zeitalter bewaffneter Drohnen vollzogen hat. Anfang Mai 2024 erhielt die Heron TP auch die Zulassung für den internationalen Luftverkehr durch das Luftfahrtamt der Bundeswehr. Besonders bedeutsam ist die Tatsache, dass die deutschen »Heron TP«-Drohnen den zivilen Flugzeugen gleichgestellt sind. Die Hersteller vermarkten diese Systeme beispielsweise für die Grenzüberwachung. Dank ihrer hochauflösenden Sensoren erweisen sich die Drohnen als nützlich für Landes- und Bundespolizei sowie den Zoll. Mit der Einsatzbereitschaft wird auch diese Tür geöffnet und das Prinzip der zivil-militärischen Trennung weiter aufgeweicht.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Andreas E. aus Schönefeld (16. Mai 2024 um 08:41 Uhr)
    Ein weiterer Schritt zur Kriegstüchtigkeit. Diese Kampfdrohne kann Luft-Boden-Raketen tragen, die ausschließlich vom israelischen Rüstungskonzern IAI hergestellt werden. Dafür sollen laut www.fragdenstaat.de 900 Millionen Euro an Steuergeldern ausgegeben werden. Finanzminister Linder fordert von allen Ressorts Ausgabendisziplin bzw. die Prüfung auf weitere Sparpotentiale. Und der Kanzler unterstützt ihn. Nur nicht beim Kriegsministerium. Kein Geld für zivile Investitionen, aber für Waffen – und das, so scheint es, ist unbegrenzt. Die Renten kommen auf den Prüfstand, die Rente mit 67 (und sicherlich bald später), Bürgergeld soll wieder gekürzt werden usw. usf. Herr Lauterbach will 200 Krankenhäuser schließen lassen, weil sie angeblich nicht finanzierbar sind. Die verkehrstechnische Infrastruktur ist so marode, dass die Bahn immer unpünktlicher wird und die Fernstraßen einer dringenden Sanierung bedürfen. Die Schuldenbremse wird fest angezogen, weil wir die Schulden nicht an unsere Kinder und Enkel weiter geben wollen. Dafür bekommen sie die Probleme weiter gereicht, die diese Regierung wegen der Herstellung der Kriegstüchtigkeit nicht lösen will. Diese Regierung bricht jeden Tag erneut ihren Amtseid! Sie soll Schaden vom Volk abwenden, doch was passiert? Diese Regierung geht wie eine Abrissbirne durch die zivilen Leistungen des Staates und das nur, um immer neue und noch teurere Waffen anzuschaffen. Ach so, und die Bundestagsabgeordneten bekommen bald 600 Euro mehr im Monat, auch aus den angeblich nicht vorhandenen Steuergeldern. Und diese Regierung wird dabei sogar von Teilen der Opposition unterstützt. Wann zeigen wir der Ampel endlich die rote Karte? Diese Regierung ist nicht nur die dümmste der Welt, sie ist auch ungeheuer gefährlich. Und ehemalige Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer marschieren in vorderster Reihe mit.

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