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Aus: Ausgabe vom 15.05.2024, Seite 16 / Sport

Napoleon der Stier

Von André Dahlmeyer
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Erfolgloser Erfolgstrainer: Marcelo Gallardo

Einen wunderschönen guten Morgen! Marcelo Gallardo, erfolgreichster Trainer in der Geschichte des argentinischen Rekordmeisters River Plate Buenos ­Aires, ist am Montag von seinem Posten als Cheftrainer des saudischen Erstligisten Al-Ittihad entlassen worden. Grund: Erfolglosigkeit. Mit den Saudis haben’s die Silberländer nicht so, siehe auch Katar 2022.

Unter der Ägide von Gallardo (Spitznamen: »Puppe«, »Napoleon«) flog Al-Ittihad aus allen Copas raus, was die Besitzer des Klubs vom saudischen Staatsfonds Public Investment Fund, dem seit einem Jahr 75 Prozent der Anteile an dem Verein gehören, auf die Palmen brachte. (Der Fonds ist seit kurzem auch Mitbesitzer des Premier League-Klubs Newcastle United.) Mit Gallardo schieden die Schwarz-Gelben in den Viertelfinals der Champions League Asiens aus, ebenso bei der Klub-WM. Auch im Kings Cup war schon in den Halbfinals Endstation, zudem verlor Al-Ittihad den Supercup Saudi-Arabiens. Die Serie von unerquicklichen Resultaten war ansehnlich. Das betraf auch die Saudi Professional League, wo Al-Ittihad drei Spieltage vor Saisonschluss auf dem fünften Platz liegt, ohne Chancen auf eine Teilnahme an der kommenden AFC Champions League. Das Fass zum Überlaufen brachte am Wochenende die 0:5 Heimschlappe (dritte Niederlage hintereinander) gegen das von der Liverpooler Legende Steven Gerrard trainierte Al-Ettifak aus Dammam. Der frischgebackene Afrika-Cup-Gewinner Seko Fofana, selbst Anteilseigner beim französischen Topklub RC Lens, brachte die Gäste quasi direkt aus der Umkleide heraus in Führung, Mali-Bomber Moussa Dembélé erhöhte mit einem Tritt vom Punkt, ehe der Kameruner Karl Toko Ekambi (Afrika-Cup-Sieger 2017) dem Spuk mit einem innerhalb von zwanzig Minuten erzielten Hattrick ein Ende machte, die Leiden von Al-Ittihad und Napoleon waren vorbei. Aus, alles aus. Wieder einmal stand der Klub, für den einst Legenden wie Bebeto und Erich Beer kickten, mit leeren Händen da. Das gellende Pfeifkonzert von Dschidda hörte man noch am nächsten Tag bis rüber in den Sudan.

Der erfolglose Erfolgstrainer Marcelo Gallardo hatte den Job bei Al-Ittihad nach einem Sabbatjahr erst Mitte November angetreten. Er leitete bei seinem Sternschnuppengastspiel 30 Partien, mit einem Saldo von 14 Siegen, 3 Remis und 13 Niederlagen. Ein einziges Missverständnis. Den Dolchstoß versetzten ihm Fans und Klubbesitzer aber vor allem wegen der Klassiker gegen den Erzrivalen Al-Hilal aus Riad (der gerade zum 19. Mal saudischer Meister wurde, Neymar Jr. sah vom Pokertisch zu). Innerhalb von eineinhalb Monaten kam es zu fünf solchen Klassikern gegen das Team von Jorge Jesus, und alle wurden verloren. Gegen den Portugiesen hatte Gallardo bereits 2019 das Finale der Copa Libertadores gegen Flamengo aus Rio de Janeiro verloren. Ein rotes Tuch, Napoleon, der Stier. Bei Al-Ittihad, das vergangenes Jahr nach 14 Jahren Dürre wieder saudischer Meister geworden war, hatte Gallardo einen Vertrag bis Mitte 2025 mit einer Option bis Ende 2026 und ein jährliches Salär von 20 Millionen US-Dollar. Wie es das Drehbuch vorsieht, folgen nun also Entschädigungs- respektive Abfindungsverhandlungen. Dieses Resultat wird das Püppchen verschmerzen können.

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