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Aus: Ausgabe vom 15.05.2024, Seite 11 / Feuilleton
Zivilisationskritik

Zwischen Teufel und Beelzebub: Bertrand Méheust

Von Marc Hieronimus
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Alles, nur kein Schimmel

Ein weiterer unübersetzter zwischen so vielen unbedeutenden übersetzten Franzosen. Bertrand Méheust ist Kritiker des irrsinnigen Wachstumsfetischs und eher pessimistisch, was die Zukunft angeht. Er zeigt auf, wie sehr die heutige Politik eine des »Oxymorons« ist. Unter diesem Fremdwort versteht man die Kombination zweier widersprüchlicher Begriffe, z. B. »Schwarzer Schimmel«. Der Schimmel ist ein weißes Pferd. Schwarze Schimmel gibt es also nicht und kann es auch gar nicht geben. Der Politikneusprech verschmilzt gegensätzliche Begriffe zu neuen, vermeintlich zukunftsträchtigen Konzepten wie »nachhaltiges Wachstum«, »kontrollierte Märkte«, »Bomben für den Frieden« usw. und lähmt so den Geist und allen Willen zur Aktion. Jede mögliche Angriffsfläche, jede Diskussionsbasis geht so verloren.

Wenn schwarz nach Meinung der Politiker- und Expertenkaste weiß ist, kann man sich als Laie nur an den Kopf fassen und über kurz oder lang verstummen. Dann sind wir bei »1984« von George Orwell, dessen Aktualität Jean-Claude Michéa immer wieder herausstellt. Was bleibt, ist eine »Nostalgie der Besatzungszeit« (ein anderer Méheust-Titel), als nämlich der Feind noch so klar erkennbar war wie die nötige gemeinsame Anstrengung zu seiner Überwindung. Er ist der Ansicht, Systeme generell und insbesondere unser technologisch und medial bestimmtes tendieren zur und ändern sich erst bei Erreichen ihrer »Sättigung«, mit anderen Worten: Erst wenn wir gar nichts mehr glauben können, wenn es nicht mehr anders geht, wenn der letzte Baum gerodet ist usw. können sich unsere Gesellschaften ändern – also wenn vieles, vielleicht alles zu spät ist. Keine schöne Aussicht.

Der zweite große Bereich seiner Arbeit ist noch verfänglicher. Mehr als 1.500 Seiten seiner Schriften beschäftigen sich mit Übersinnlichem. »Wir glauben nicht an das Paranormale, wir erforschen es« ist das Motto des heute von ihm geleiteten Institut Métapsychique International (IMI) von 1919. Wäre Bertrand Méheust bekannt, müsste man ihn verteufeln.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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