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Aus: Ausgabe vom 14.05.2024, Seite 8 / Ansichten

Staatsschutzfall des Tages: Schäubles Grab

Von Nico Popp
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Das Loch wurde schnell wieder beseitigt, das Holzkreuz offenbar von der Polizei beschlagnahmt: Die Grabstätte Wolfgang Schäubles am Montag in Offenburg

Die postum veröffentlichten Memoiren Wolfgang Schäubles liegen seit ein paar Wochen in den Buchhandlungen. Sie beantworten, da dürfte es keine zwei Meinungen geben, nicht alle Fragen zum Leben des Mannes, der, weil er etwas zu dicht an den schwarzen Kassen seines Chefs dran war, nicht Kanzler werden durfte. Schäubles »Erinnerungen« bieten eine Mischung aus Geständnis und geheuchelter Ahnungslosigkeit: Erst viel später sei ihm klargeworden, »dass auch eine Fraktionskasse, die ich als parlamentarischer Geschäftsführer mitzuverwalten hatte, Teil des umfassenden Systems schwarzer Kassen war«.

Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion war Schäuble von 1981 bis 1984. Erst zehn Jahre später, als Fraktionschef, nahm er jenen Briefumschlag entgegen, der ihm zum Verhängnis wurde. Davor und danach wird auch noch allerlei verbucht worden sein – es war ja ein »umfassendes System«. Bis heute offen: Woher kam der Bimbes, und wo ging er hin?

Kriminalisten stellen die Frage nun auf innovative Weise neu: Was hat es mit dem 1,20 Meter tiefen Erdloch am Grab Schäubles auf sich? Friedhofsarbeiter haben das Loch am Montag in aller Früh auf dem Waldbachfriedhof in Offenburg entdeckt. Die Ermittlungen des polizeilichen Staatsschutzes laufen, Erkenntnisse zu den Hintergründen gibt es vorläufig nicht. Eine Auferstehung hat jedenfalls nicht stattgefunden, der Sarg soll nicht freigelegt worden sein.

Aber was dann? Die verspätete Zustellung eines Briefumschlages mit einem letzten Gruß? Oder hat, umgekehrt, irgendein armer Schlucker prüfen wollen, ob zusammen mit der grauen Eminenz der CDU auch geldwerte Grabbeigaben in die Erde gesenkt worden sind?

Immerhin beweist der Vorfall, dass Schäuble und Kohl sich auch im Tod nichts schenken. Die Posse um das unfertige, mit einem Zaun umgebene Grab Kohls in Speyer dauert inzwischen Jahre. Lange hing da auch eine Kamera. Hat Kohl mit Besuch gerechnet?

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren. Denn nicht allen lernen die junge Welt kennen, da durch die Beobachtung die Werbung eingeschränkt wird.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinz-Joachim R. aus Berlin (14. Mai 2024 um 20:36 Uhr)
    Als ich meiner Frau die Posse vorlas, die – zugegebenermaßen – makabre Merkwürdigkeiten um Schäuble wie auch zu Kohl beinhaltet, flossen mir die Tränen und auch die Stimme versagte mehrmals wegen der mir vorschwebenden Bilder, so dass ich mehrmals unterbrechen musste. Mein Dank an den Autor! Und wie glänzend bemerkt: »… beweist der Vorfall, dass Schäuble und Kohl sich auch im Tod nichts schenken.« Ich meine es hat Symbolkraft über den Tod hinaus für das ganze System.
  • Leserbrief von Jörg Schönewerk aus Bochum (13. Mai 2024 um 20:14 Uhr)
    Hat niemand ernsthaft in Betracht gezogen, dass das Loch auch von unten her gebohrt sein könnte? Immerhin gab es schon ähnliche Überlegungen im Jahre 1988 seitens der »Titanic« über unheimliche Vorgänge rund um das Grab von Franz Josef Strauss – siehe folgender Weblink: https://www.titanic-magazin.de/fileadmin/content/Postkarten/titanic_titel_1988-11.jpg Der Staatsschutz täte gut daran, den Umkreis seiner Untersuchungen möglichst stark auszuweiten.
    • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (14. Mai 2024 um 18:53 Uhr)
      Aber vielleicht ist er auch – so wie einst der »rasende Elias« – samt Pferden und Kutsche (hier mit Rollstuhl (!) – ganz einfach in den Himmel aufgefahren. War ja gerade erst »Christi Himmelfahrt«. Ein entsprechend gefülltes Kuvert an Elon Musk, und schon kann die Reise beginnen. Ist ja eigentlich auch egal. Hauptsache, er ist weg. Und bei all den gigantischen Löchern, die ein »Sondervermögen« nach dem anderen in diesem Land auf Generationen anrichten, kommt es auf ein Loch mehr oder weniger nun auch nicht mehr an.
    • Leserbrief von Jens Knorr aus Berlin (14. Mai 2024 um 14:13 Uhr)
      Putin war's, wer denn sonst!
      • Leserbrief von Onlineabonnent/in Michael M. aus Berlin (14. Mai 2024 um 21:46 Uhr)
        Von oben oder von unten?

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