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Aus: Ausgabe vom 11.05.2024, Seite 10 / Feuilleton
Tagebuch – In dieser großen Zeit

Aufstand der Feiglinge

Von Pierre Deason-Tomory
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Lesen lernen: jW stößt auf potentielle Neuabonnenten

Freitag, 3. Mai

Die Lage der Pressefreiheit ist weltweit übler geworden, meldet »Reporter ohne Grenzen«. Deutschland habe sich in der Rangliste verbessert, aber nur, weil »sich andere Länder verschlechtert haben«. Typische Probleme hierzulande: Journalisten werden nicht vor dem Mob geschützt, und der Verfassungsschutz verfolgt eine Tageszeitung. Konkret: die junge Welt, in der dieses Tagebuch erscheint. Damit will der VS nach Auskunft der Regierung Mitarbeiter und Leser verunsichern und die Zeitung ruinieren. Und ich dachte immer, das ist meine Aufgabe.

Samstag, 4. Mai

In Dresden ist ein SPD-Europakandidat beim Plakatehängen zusammengeschlagen worden. Innenministerin Faeser kündigte eine »harte Reaktion« an. So »hart« wie die Urteile im Thüringer Fretterode-Prozess 2022? Hier waren zwei Nazis, die Journalisten gejagt und mit Messer und Schraubenschlüssel traktiert hatten, nur zu kurzen Bewährungsstrafen verurteilt worden. Diese »Härte« ist der morbide Humor des deutschen Rechtsstaates.

Sonntag, 5. Mai

Die Bundesregierung räumt ein, dass die Autobahnen im Arsch sind. Antwort auf eine Anfrage vom Bündnis Sahra Wagentest: 7.100 Kilometer Fahrbahn und 8.000 Brücken müssen saniert werden. Bis das erledigt ist, werden die Russen aus logistischen Gründen die Invasion in die BRD zurückstellen müssen.

Dienstag, 7. Mai

CDU-Parteitag in Berlin, die Delegierten wählten den Enkel von Helmut Kohl in den Vorstand. Er soll sich um die Parteispenden kümmern. Vorsitzender bleibt Charles Montgomery Burns. Er will Deutschland Atomkraft und Neidkultur bringen.

Zwei deutsche Kriegsschiffe haben Kurs auf das Südchinesische Meer genommen. Aus Sicherheitsgründen. China provoziert den Westen fortgesetzt damit, das eigene Land aggressiv mit US-amerikanischen Militärstützpunkten zu umgeben.

In Nürnberg ist eine Frau festgenommen worden, die Mitglied einer »linksextremistischen kriminellen Vereinigung« sein soll. Das kann ich ausschließen, in Nürnberg gibt es keine Linksradikalen. Den letzten haben sie 1990 ausgestopft und im Spielzeugmuseum aufgestellt. Die Verhaftete soll in Ungarn Faschisten angegriffen haben. Sagen die Orbán-Behörden. Is klar. Der in Dresden zusammengeschlagene Sozi hat vermutlich auch angefangen.

Mittwoch, 8. Mai

Das Pack hat Oberwasser. In Dresden ist wiederum eine Grünen-Politikerin bedroht und bespuckt worden, von zwei jungen Männern. In Berlin hat ein älterer von hinten auf Franziska Giffey eingedroschen. Der besorgte Bürger schlägt Frauen. Diese Helden sind so schäbig, dass man nicht einmal einen Witz über sie machen kann.

Zum Lachen haben wir zum Glück die Ampelkoalition. Noch. Der regierende Finanzminister Lindner hat das eigene Rentenzockergesetz gestoppt, das eigentlich heute beschlossen werden sollte. Das werde aber noch im Mai geschehen, versichert Titularkanzler Olaf der Letzte. Muss ja, nach der Europawahl am 9. Juni gibt es diese Regierung nicht mehr. Dann ist Dilettantendämmerung.

Donnerstag, 9. Mai

Bayerndämmerung ist auch: Der FCB unterliegt im Champions-League-Halbfinale und findet keinen Trainer. Jeder infrage kommende Kandidat hat abgesagt, außer Magath und Matthäus. Aber die fragt ja auch keiner. Den Job nimmt nur jemand, dem gar nix peinlich ist. Also wirds am Ende doch der Matthäus.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (13. Mai 2024 um 11:19 Uhr)
    Es ist schon mehr als blamabel, dass sich Autoren der jW immer wieder auf die dubiosen »Reporter ohne Grenzen« berufen. Auf den ersten zehn Plätzen der »Rangliste der Pressefreiheit 2024« befinden sich ausschließlich NATO-Länder bzw. Länder, die im Rahmen einer »Partnerschaft« mit der NATO zusammenarbeiten, darunter auch Deutschland. Auf den hinteren Plätzen Länder, die die Nato im Visier hat, wie Russland, China, Nordkorea, Kuba, Syrien usw.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (10. Mai 2024 um 21:45 Uhr)
    Eine Korrektur: Maddäus. Vorschlag: Drähner bam Glubb.

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