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Aus: Ausgabe vom 11.05.2024, Seite 7 / Ausland
Palästina

Beduinendorf zerstört

Hunderte palästinensische Nomaden in der Wüste Negev obdachlos. Faschistischer Polizeiminister Ben-Gvir lobt brutalen Einsatz
Von Gerrit Hoekman
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Viele ihrer Dörfer werden von Israel als illegal eingestuft: Die Beduinen in der Wüste Negev (23.1.2023)

Die israelischen Behörden haben am Mittwoch in der Beduinensiedlung Wadi Al-Khalil in der Wüste Negev 47 Häuser, darunter anscheinend auch eine Moschee, abreißen lassen. Ein Video auf Facebook zeigt, wie Bulldozer dabei sind, die Trümmer zusammenzuschieben. Nach Angaben des israelischen Adalah-Zentrums für Minderheiten war es die größte Abrissaktion an einem einzigen Tag seit 2010. Der Oberste Gerichtshof hatte sie angeordnet, weil die Häuser illegal gebaut worden seien.

Nun sind 350 Menschen obdachlos. Einige der Beduinen hatten beschlossen, ihre Häuser bereits vorher in Brand zu stecken. »Ich sehe mein Zuhause lieber brennen. Es ist besser, als zuzusehen, wie es von Bulldozern zerstört wird«, zitierte die israelische Tageszeitung Haaretz am Mittwoch den Bewohner Ali Abu Assa. Die Regierung habe noch nicht mit dem Bau neuer Wohnungen begonnen, berichtete Times of Israel am Donnerstag.

Die Beduinen sind traditionell in großen Familienverbänden organisiert. In Wadi Al-Khalil lebte die Familie Abu Assa. Die israelischen Behörden hatten offenbar versucht, die Bewohnerinnen und Bewohner von Wadi Al-Khalil in das benachbarte Dorf Umm Al-Batin zwangsumzusiedeln. Das Vorhaben scheiterte jedoch am Widerstand der dortigen beduinischen Bevölkerung, die aufgrund familiärer Rivalitäten nicht mit den Abu Assas zusammenwohnen will.

Die Gemeinschaft der Beduinen lebt seit vielen Generationen als Nomaden im Negev. Heute beläuft sich ihre Zahl auf rund 250.000 Menschen. Die Hälfte von ihnen lebt in Dörfern, die Israel als illegal betrachtet. Kein Wunder, denn für Beduinen sei es nahezu unmöglich, Baugenehmigungen zu erhalten, stellte die Times of Israel fest. »Alle Versprechungen, die Probleme der Beduinen im Negev anzugehen, werden in Abrissen und der Vertreibung von Familien aus dem Land ohne eine gerechte Lösung umgesetzt«, kritisierte der Knesset-Abgeordnete der Vereinten arabischen Liste, Mansur Abbas, am Mittwoch via X.

Die Aktion sei ein »wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der Regierungsführung« im Negev, freute sich hingegen der faschistische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, auf der Plattform. »Ich bin stolz, diese Politik anzuführen.« Die Polizei befinde sich in einem »brutalen Krieg« gegen jene, die »sich Land aneignen und versuchen, vor Ort eine andere Realität zu schaffen«, lobte Ben-Gvir der ARD-»Tagesschau« zufolge den Einsatz. Selbstverständlich gilt diese Prämisse nicht für die militanten jüdischen Siedler, die sich auf der israelisch besetzten Westbank immer weiter ausbreiten. Sie werden vom Minister und der Armee bei ihrem völkerrechtswidrigen Tun nach Kräften geschützt und unterstützt.

Auch die 2006 vom ebenfalls faschistischen Finanzminister Bezalel Smotrich mitgegründete Organisation der israelischen Siedler »Regavim« begrüßte den Abriss von Wadi Al-Khalil. Die Beduinen hätten seit Jahren den Ausbau der wichtigen Autobahn 6 blockiert, schrieb Regavim auf X. Sowieso fürchte die NGO das Entstehen eines, wie sie es nennt, »Beduinistan« im Negev.

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