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Aus: Ausgabe vom 11.05.2024, Seite 4 / Inland
Frauen in der Bundeswehr

Ruf nach Rekrutinnen

Bundeswehr-Beauftragte beklagt zu geringen Anteil weiblicher Soldaten mit Befehlsgewalt. Jahresbericht räumt Diskriminierung und Missstände ein
Von Marc Bebenroth
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Soldatin des Wachbataillons der Bundeswehr (Berlin, 10.7.2023)

Die Bundeswehr sei ein »Arbeitgeber« wie andere auch, heißt es in der selbstverharmlosenden Propaganda gerne. So verwundert es wenig, dass jetzt Rufe nach mehr Frauen in Spitzenpositionen laut werden, wie dies für Großunternehmen seit Jahren üblich ist. Am Freitag hat sich die formell für die Belange der Streitkräfte zuständige Bundeswehrbeauftragte des Bundes öffentlich daran gestört, zuwenig weibliches Personal mit Befehlsgewalt vorzufinden. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erteilte Eva Högl (SPD) einem »Weiter so« eine Absage. Beispiele wie das von Oberstleutnant Hekja Werner, die seit Jahresbeginn ein Heeresbataillon anführt, dürften »keine Ausnahmen bleiben«, sondern müssten »Normalität werden«.

Vom Verteidigungsministerium habe RND erfahren, dass der Anteil weiblicher Bundeswehr-Angehöriger bei mehr als 13 Prozent liege. Seit 2001 dürfen auch Frauen für die BRD unter Waffen stehen und die herrschende Ordnung im Zweifel mit ihrem Leben verteidigen. Seither sei ihre Zahl auf rund 24.300 gestiegen. »Im vergangenen Jahr stammten rund 17 Prozent der Bewerbungseingänge von Frauen«, zitiert der Bericht aus der Antwort einer Ministeriumssprecherin.

Die Frauenquote in militärischen Führungspositionen liegt demnach bei rund zwei Prozent, außerhalb des Ministeriums seien es 16 Prozent. Högl ergänzte gegenüber RND, dass die für sie entscheidende Quote abzüglich des Sanitätsdienstes der Bundeswehr tatsächlich »unter zehn Prozent« liege. Damit verfehle die Truppe »selbst gesteckte Ziele, und das seit Jahren«. So sei gesetzlich eine Quote von 20 Prozent festgeschrieben, erklärte die Wehrbeauftragte des Bundes.

Den Frauen in der Bundeswehr hatte Högl ein eigenes Kapitel in ihrem Jahresbericht für 2023 gewidmet, den sie am 12. März Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) überreicht hatte. In dem Papier zeigte sich die Sozialdemokratin besorgt darüber, dass Eingaben auf »eine Verbindung zwischen Personalbindung und dem Umgang mit Fällen von Mobbing, Diskriminierung, unangemessenem Vorgesetzten- beziehungsweise sexualisiertem Fehlverhalten« hinweisen. Gelinge »der Balanceakt nicht, entscheiden sich Soldatinnen Eingaben zufolge eher dafür, die Truppe zu verlassen oder ihre Dienstzeit nicht zu verlängern«. Das möchte Högl unbedingt verhindern, weshalb die Bundeswehr für ein »diskriminierungsfreies Umfeld« sorgen müsse, wie es im Jahresbericht heißt.

Wer sich als Frau heute von der Bundeswehr rekrutieren lässt, sieht sich offenbar dennoch unter anderem mit fehlenden sanitären Einrichtungen sowie Uniformen und Schutzausrüstung in nicht passenden Größen oder Schnitten und »faktisch unbrauchbaren« Kleidungsstücken konfrontiert, wie der Bericht einräumt. »Dass Soldatinnen sich anderweitig arrangieren oder dies achselzuckend hinnehmen, spricht für ihre Resilienz, beseitigt diesen Missstand aber keineswegs.«

Zur wohl schlimmsten Form der Diskriminierung zählt sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt. Gegenüber RND bedauerte Högl, dass es eine steigende Anzahl solcher Delikte in der Truppe gebe. 2023 waren es demnach 385 Fälle. »Jeder Verstoß ist einer zuviel, muss lückenlos aufgeklärt und konsequent geahndet werden«, forderte die SPD-Politikerin. Eine neue Dienstvorschrift mit »roten Linien« existiere seit vergangenem Jahr.

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