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Aus: Ausgabe vom 10.05.2024, Seite 6 / Ausland
Ecuador

Korruption in den Mangroven

Ecuador: Umweltschutzgebiet soll Hotels weichen. First Lady würde profitieren
Von Volker Hermsdorf
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Wer unberührte Natur genießen will, muss nicht unbedingt ein Hotel rein bauen

Die Regierung von Ecuadors rechtem Präsidenten Daniel Noboa wird von einem neuen Umwelt- und Korruptionsskandal erschüttert. Am Dienstag (Ortszeit) protestierten die Bewohner von Olón, eine Ortschaft an der Pazifikküste, in der das Fischereigewerbe den Alltag der Menschen prägt, gegen Bauvorhaben des Immobilienunternehmens Vinazin. Mehrheitsaktionärin der Firma, die dort in der Nähe der Präsidentenresidenz eine Hotelanlage bauen will, ist pikanterweise Noboas Ehefrau, Lavinia Valbonesi. Das Unternehmen hat bereits Bäume in der Flussmündung eines geschützten Mangrovengebiets fällen lassen. Einen Tag nach den Protesten leitete die Generalstaatsanwaltschaft eine Voruntersuchung ein, um »Unregelmäßigkeiten« bei der Genehmigung des umstrittenen Projektes »Echo Olón« zu prüfen.

Ebenfalls am Mittwoch hatten 115 der 137 Abgeordneten der Nationalversammlung beschlossen, Umweltministerin Sade Fritschi vorzuladen, um im Parlament zu den Vorwürfen im Olón-Fall Stellung zu beziehen. Laut der Umweltstiftung »Oloncito«, die das Projekt kritisiert, hatte Fritschi dem Unternehmen Vinazin die umweltrechtliche Genehmigung am 5. Dezember 2023 erteilt, nur wenige Tage nachdem Noboa am 23. November sein Amt angetreten war. Wie die Tageszeitung El Universo berichtete, war das 2,25 Hektar große Gebiet namens »Esterillo Oloncillo« im Jahr 2001 auf Antrag der Stiftung von der damaligen Umweltministerin Lourdes Luque zum Schutzgebiet für Wald und Vegetation erklärt worden. Nun sollen 70 Prozent des Areals dem Immobilienprojekt von Noboas Ehefrau weichen. In ersten Stellungnahmen bestritt Fritschi, dass davon ein ökologisches Schutzgebiet betroffen sei. Demgegenüber erklärte ihr Amtsvorgänger José Antonio Dávalos, dass Anträge für das Projekt von der vorherigen Regierung unter Noboas Vorgänger Guillermo Lasso – offenbar bewusst – nicht bearbeitet worden seien. »Wir hatten eine klare Umweltpolitik zum Schutz der biologischen Vielfalt«, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben von Dávalos. Er verwies zudem darauf, dass das Projekt genau fünf Tage nach Noboas Amtsantritt in das einheitliche Umweltinformationssystem eingetragen wurde. Neben Noboas Ehefrau und Umweltministerin Fritschi ist auch Roberto Luque, der Leiter des Ministeriums für Verkehr und öffentliche Arbeiten in den Fall verwickelt. Er ist unter anderem Aktionär des Unternehmens Geosísmica, das die Studien für den Bau des Immobilienprojekts in Olón durchgeführt hat.

Abgeordnete der Opposition, zivilgesellschaftliche Organisationen und Umweltverbände vermuten Korruption und werfen der Regierung Machtmissbrauch vor. »Wir verurteilen die Zerstörung der Olón-Mangroven für ein privates Hotelprojekt. Dies ist eine eklatante Verletzung der Rechte der Natur und unserer Gemeinschaften«, protestierte auch der indigene Dachverband »Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador« gegen den »Ökozid«. Die Gegner des Projektes wollen verhindern, dass ein geschütztes Ökosystem zugunsten von Interessen des Noboa-Clans vernichtet wird. Die Bananenunternehmer und Eigentümer von Fruit Shippers Limited (FSL), denen auch die Bananen der Marke Bonita gehören, sind die reichste Familie Ecuadors mit einem laut Forbes geschätzten Vermögen von einer Milliarde US-Dollar. Vor der Wahl hatte sich Noboa noch als Alternative zum »korrupten System« seiner Vorgänger präsentiert.

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