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Aus: Ausgabe vom 07.05.2024, Seite 1 / Kapital & Arbeit
Welthandel

China hängt EU und USA ab

Volksrepublik steigt zum wichtigsten Handelspartner des globalen Südens auf. Auch Russland legt zu
Von Raphaël Schmeller
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Der Anteil der Volksrepublik am Wirtschaftsaustausch mit 25 sogenannten Schwellen- und Entwicklungsländern ist seit 2010 von rund zwölf auf 20 Prozent gestiegen

China läuft Europa und den USA im globalen Süden den Rang ab. Das ist das Ergebnis einer Studie des kapitalnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus Köln, über die der Spiegel am Montag berichtete. Demnach ist der Anteil der Volksrepublik am Wirtschaftsaustausch mit 25 sogenannten Schwellen- und Entwicklungsländern seit 2010 von rund zwölf auf 20 Prozent gestiegen. Der Anteil der USA blieb unverändert bei rund 18 Prozent, der der EU sank von 17 auf 14 Prozent. China exportierte nach IW-Angaben vor allem Mikrochips, andere Elektronik sowie Fahrzeuge und Stahl. Importiert wurden Öl, Eisenerz und Sojabohnen.

Die Dominanz der Volksrepublik hat sich besonders in den vergangenen vier Jahren verstärkt. Trotz der Coronapandemie stieg der Handel Chinas mit dem globalen Süden zwischen 2019 und 2023 um 47 Prozent auf mehr als 1,9 Billionen US-Dollar. Die BRD konnte ihren Warenaustausch mit diesen Ländern dagegen nur geringfügig steigern, weshalb der deutsche Handelsanteil in den vergangenen 15 Jahren nahezu stagnierte.

Das IW rechnet nicht damit, dass sich daran etwas ändern wird: »Anders als in China bleibt es in Deutschland der Privatwirtschaft überlassen, welche Handelspartner sie findet.« Ein geplanter Rohstofffonds in der BRD sei der Kürzungspolitik der vergangenen Jahre zum Opfer gefallen, beklagt das Institut. Zudem fehle der EU der politische Wille, wichtige Handelsabkommen wie den Mercosur-Vertrag mit der südamerikanischen Staatengruppe abzuschließen.

Für die Länder des globalen Südens habe auch Russland an Bedeutung gewonnen, das »aufgrund der Sanktionen des Westens den Handel mit der Staatengruppe deutlich ausweiten konnte«. Damit drohe Deutschland als Wirtschaftspartner der Ländergruppe nach und nach eingeholt zu werden, so das IW.

In einem Interview mit dem französischen Sender LCI hatte der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Félix Tshisekedi, am Sonntag den wachsenden Einfluss Chinas und Russlands in Afrika vor allem damit erklärt, dass »sie sich besser benehmen als der Westen«.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (7. Mai 2024 um 09:50 Uhr)
    Die globale Dominanz Chinas beruht auf zwei entscheidenden Faktoren, die oft übersehen werden. Erstens integrieren sich Chinesen in bedeutenden Metropolen weltweit, ohne dabei ihre eigene Identität aufzugeben. Im Gegensatz zu den Engländern während ihrer Glanzzeit, die ihre Sprache und Kultur aktiv verbreiteten, passen sich Chinesen an und erlernen die Sprache ihres Gastlandes. Sie respektieren die kulturelle Eigenheit ihres neuen Zuhauses und halten sich zurück, wenn es um innere Angelegenheiten geht. Ihre Präsenz ist von wirtschaftlicher Aktivität geprägt, und immer mehr Chinesen betreiben Handel in neuen Umgebungen, was ihre globale Präsenz weiter verstärkt. Zweitens ist die schiere Anzahl an Chinesen ein bedeutender Faktor. Eine interessante Anekdote verdeutlicht dies: Als die chinesische Pingpong-Nationalmannschaft zur Weltmeisterschaft aufbrach, erhielt der Trainer am Flughafen die Nachricht, dass der amtierende chinesische Weltmeister bei einem Motorradunfall schwer verletzt worden war. Obwohl er die ersten beiden Ersatzspieler nicht erreichen konnte, schickte er schließlich den dritten Spieler zur Meisterschaft – und dieser wurde überraschenderweise der neue Weltmeister. Als er nach seinem Sieg gefragt wurde, gestand er ein, dass auch noch die besten zehn Spieler, die zu Hause blieben, das Potenzial gehabt hätten, Weltmeister zu werden. Diese Anekdote verdeutlicht nicht nur die Fülle an Talenten in China, sondern auch die enorme Tiefe an Möglichkeiten, die in jedem Bereich zur Verfügung stehen.

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