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Aus: Ausgabe vom 29.04.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Rohstoffe

Nickelkrise in Neukaledonien

Frankreich will stärker in Produktion eingreifen. Lokale Politik lehnt zu starke Einmischung aus Paris ab
Von Thomas Berger
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Durch Indonesiens Markteintritt ist der Nickelpreis zuletzt deutlich gefallen

Die französische Kolonie Neukaledonien im Südpazifik ist der viertgrößte Nickelproduzent der Welt. Laut Globaldata wurden dort 2023 fast 194.000 Tonnen des Rohstoffs gefördert – mehr als in den traditionell stark vom Bergbau geprägten Flächenstaaten Australien und Kanada. Doch seit Anfang des Jahres häufen sich die Negativschlagzeilen, und wenn die pessimistischsten Prognosen eintreffen, könnte die heimische Nickelindustrie, die immerhin 90 Prozent der Exporterlöse liefert und ein Viertel des BIP ausmacht, bald Geschichte sein.

Auf den Inseln des Archipels gibt es 20 Nickelminen, das Geschäft liegt weitgehend in den Händen internationaler Monopolkonzerne, darunter die Schweizer Glencore und Trafigura sowie die französische Eramet. Schlechte Ausbeute, teure Energie und starke ausländische Konkurrenz haben diese Konzerne zuletzt in die roten Zahlen getrieben. Der Preis für das Erz, das als Schlüssel für die Energiewende gilt, ist 2023 um mehr als 45 Prozent gefallen. Hauptgrund dafür ist der Markteintritt Indonesiens, das seine Förderkapazitäten in den vergangenen Jahren stark ausgebaut hat.

Ein kürzlich von der französischen Regierung ausgearbeiteter »Pakt«, der umfangreiche Finanzhilfen für die drei krisengeschüttelten Nickelschmelzen auf dem Archipel vorsieht, ist nun jedoch an der neukaledonischen Politik gescheitert. Bei einer Parlamentssitzung vergangene Woche wurde das brisante Thema zunächst an einen Sonderausschuss verwiesen.

Frankreich will mit dem Nickelpakt 200 Millionen Euro Soforthilfe lockermachen. Finanzminister Bruno Le Maire, der im November 2023 zu einem Besuch im Südpazifik weilte, hatte ursprünglich eine Einigung für Januar angepeilt. Ob es dazu kommt, ist auch drei Monate später noch offen. Inselpräsident Louis Mapou, der aus dem Lager der Unabhängigkeitsbewegung kommt, ist zwar für das Abkommen, ebenso wie die meisten profranzösischen Kräfte im Parlament. In der Mehrheit sind dort aber die separatistisch orientierten Parteien, die das vorliegende Papier sehr kritisch sehen. Sie befürchten nicht nur Steuererhöhungen für die lokale Bevölkerung, sollte im Zuge der Hilfen die neukaledonische Regionalregierung ihrerseits verpflichtet werden, den Konzernen mit Subventionen unter die Arme zu greifen. Die aktuelle Auseinandersetzung dreht sich auch um eine stärkere lokale Beteiligung an den Gewinnen. Bisher kontrolliert der französische Staat 51 Prozent der Anteile an den Anlagen. Paris fordert auch eine Erhöhung seines bisherigen Anteils. Das wird von vielen als zu starke Einmischung Frankreichs abgelehnt.

Glencore hat unterdessen bereits angekündigt, sich aus der Nickelfabrik Koniambo in der Nordprovinz zurückzuziehen. Auch die beiden anderen Hütten könnten bald geschlossen werden – mit dem Verlust Tausender Arbeitsplätze. Trafiguna droht, sich aus Prony Resources zurückzuziehen, bei Eramet ist ein weiteres Engagement bei der lokalen Tochter Société le Nickel (SLN) unklar. Frankreichs größte Sorge: Bei einer Unabhängigkeit Neukaledoniens könnten chinesische Unternehmen die westlichen als Partner ersetzen. Paris wird daher alles daransetzen, den Deal schnell über die Bühne zu bringen.

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