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Aus: Ausgabe vom 27.04.2024, Seite 1 / Ausland
Ukraine-Krieg

Ukraine will mehr Luftabwehr

Verbündete beraten über Bereitstellung, Präsident dient Land als Produktionsstandort an
Von Reinhard Lauterbach
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Davon hätte Kiew gerne noch mehr: »Patriot«-System. Hier auf dem Bundeswehr-Truppenübungsplatz Munster (18.4.2024)

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij fordert von den Verbündeten mehr Unterstützung bei der Flugabwehr seines Landes gegen russische Luftangriffe. Die zwischenzeitliche Unterbrechung der US-Hilfen habe Russland dabei geholfen, die Initiative auf dem Schlachtfeld zu ergreifen, sagt Selenskij am Freitag zum Auftakt eines Onlinetreffens der US-geführten Kontaktgruppe zur Unterstützung der Ukraine. Ihr Botschafter in Deutschland, Olexij Makejew, hatte zuvor sieben neue »Patriot«-Luftabwehrsysteme gefordert und gelobt, dass Berlin bereits eines davon zur Verfügung gestellt habe. Kiew hoffe, dass weitere Staaten folgen.

Spanien soll sich auf deutsches Drängen bereiterklärt haben, der Ukraine Munition für »Patriot«-Systeme zu überlassen. Dies berichtete am Freitag El País. Das gelte jedoch nicht für die Abschussvorrichtungen. Spanien hatte 2004 und 2014 insgesamt drei »Patriot«-Batterien gebraucht aus Bundeswehr-Beständen gekauft. In Griechenland erklärte dagegen Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis, sein Land werde der Ukraine keine weiteren Luftabwehrsysteme liefern, weil es sie selbst brauche. Mitsotakis deutete an, dass es Druck größerer EU-Staaten zu derartigen Lieferungen gegeben habe.

Am Vorabend hatte Selenskij den Westen aufgefordert, die Rüstungsproduktion direkt in seinem Land aufzunehmen. Wenn im Westen Kapazitäten fehlten, so könne die Ukraine diese bereitstellen. Schon vor einigen Tagen hatte Selenskij mitgeteilt, er verhandle darüber mit den USA. Eine Reaktion aus Washington ist bisher nicht bekanntgeworden. Die Produktion der Waffen außerhalb des unmittelbaren Kriegsgebiets bewahrt nicht nur die Fertigungsstätten vor Schäden, sondern sichert den Geberländern die Kontrolle über die Technik und vor allem darüber, was und wieviel an die Ukraine geliefert wird – und damit über die Intensität des Krieges. Kiew ist allerdings daran interessiert, den Krieg nach seinen eigenen Vorstellungen führen zu können. Erst einmal werden in den USA laut Politico Aufträge über die Neuproduktion von Waffen für Kiew im Wert von sechs Milliarden Euro vorbereitet, die Lieferung können aber Monate oder Jahre dauern.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (27. April 2024 um 13:31 Uhr)
    Selensky forderte von den Verbündeten, dass die Ukraine ebenso vor feindlichen Raketen geschützt werden sollte auch wie Israel. Doch ein Gebiet, das mehr als dreißigmal größer ist, ähnlich zu sichern wie Israel, würde sämtliche Luftabwehrsysteme in den NATO-Ländern überfordern. Die vorhandenen und neu gelieferten Luftabwehrsysteme müssen von der ukrainischen Führung strategisch eingesetzt werden: entweder zum Schutz von Kiew und wichtigen Teilen des Hinterlandes oder zum Schutz der kämpfenden Einheiten an der Front, da sie nicht ausreichen, um beides zu bewältigen. Daher dürften die neu gelieferten Systeme keine wesentlichen Veränderungen im Kriegsverlauf bringen. Die kürzlich erfolgten Lieferungen aus den USA, Großbritannien und der EU könnten jedoch ausreichen, um einen Zusammenbruch der Ukraine während der Präsidentschaftswahlen in den USA zu verhindern. Eine weitere wirtschaftliche und politische Naivität des ukrainischen Präsidenten zeigt sich darin: »Am Vorabend hatte Selensky den Westen aufgefordert, die Rüstungsproduktion direkt in seinem Land aufzunehmen. Falls im Westen Kapazitäten fehlen sollten, könne die Ukraine diese bereitstellen.« Vermutlich jedoch nicht mehr für diesen Krieg!?!

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